Der Hitzewahn der letzten Woche ebbt nun so langsam ab. Was bleibt: Ein neuer Temperaturrekord für Deutschland, aufgestellt an der Wetterstation Lingen (NI) mit 42,6°C am 25.Juli. Zumindest wenn es nach dem Deutschen Wetterdienst geht, welcher (für mich völlig unverständlich) diesen Messwert trotz fragwürdiger Bedingungen am Standort anerkannte. So oder so war die Hitze im Westen Deutschland geschichtsträchtig. An der Station Tönisvorst (NRW) gab es drei Tage in Folge mit über 40°C.
In Mecklenburg-Vorpommern verlief die Hitze moderater. In der Spitze reichte es für 35°C in Westmecklenburg, an der Ostsee und in Vorpommern lagen die Werte meist unter 30°C. Die Rekordtemperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen blieben damit unangetastet. An dieser Stelle eine Übersicht über die höchsten, jemals in MV an einer offiziellen Wetterstation gemessenen Lufttemperaturen. Alle Werte wurden einer Plausibilitätskontrolle unterzogen. Im Zuge dieser wurden die 3 Spitzenwerte aus dem DWD-Datenfundus „aussortiert“. Eine Begründung dafür ist beigefügt. Der höchste, einwandfrei registrierte Temperaturwert aus Mecklenburg-Vorpommern beträgt demnach 38,0°C und wurde am 01.08.1994 an der Wetterstation Ueckermünde gemessen.
Alle Tagesmaxima der Lufttemperatur >=37.0°C in M-V / seit 1881
(39.3 °C) * 10.08.1992 (Zinnowitz/Usedom)
(38.7 °C) * 09.08.1992 (Teterow)
(38.6 °C) * 01.08.1994 (Teterow)
38.0 °C 01.08.1994 (Ueckermünde)
37.9 °C 01.08.1994 (Neubrandenburg)
37.9 °C 01.08.1994 (Altentreptow)
37.6 °C 01.08.1994 (Bargischow-Gnevezin)
37.3 °C 30.06.2019 (Anklam)
37.3 °C 09.08.1992 (Boizenburg)
37.1 °C 10.08.1992 (Bargischow-Gnevezin)
(37.1 °C) * 31.07.2018 (Kirchdorf/Poel)
37.1 °C 08.08.2018 (Anklam)
37.1 °C 09.08.1992 (Neubrandenburg)
37.1 °C 30.06.2019 (Marnitz)
37.1 °C 30.06.2019 (Karlshagen)
37.0 °C 04.07.2015 (Boizenburg)
(37.0 °C) * 30.06.1947 (Feldberg)
37.0 °C 11.07.2010 (Waren)
37.0 °C 01.08.1994 (Tribsees)
(39.3 °C) * 10.08.1992 (Zinnowitz)
Die angeblichen 39,3 °C in Zinnowitz wurden am 10.8.1992 im äußerst beengten Hinterhausgarten des nebenamtlichen Beobachters gemessen. Der Bewuchs war ebenfalls vorschriftswidrig viel zu nah an der Hütte und behinderte den Luftaustausch, außerdem war die Hütte viel zu nah am Haus. Der Tmax-Wert erscheint gegenüber Anklam um ca 2 Grad und gegenüber Greifswald um 3 Grad zu hoch ausgefallen zu sein und ist mit Sicherheit nicht plausibel.
(38.7 °C) * 09.08.1992 (Teterow)
Die angeblichen 38,7 °C vom 9.8.1992 von Teterow wurden mit elektronischen Messfühlern (Typ Pt-100) vorschriftswidrig in einer nicht künstlich belüfteten Hütte gemessen. Der elektronische Wert erscheint gegenüber den umliegenden Stationen um ca. 2 Grad zu hoch, gegenüber Goldberg sogar um 5 Grad.
(38.6 °C) * 01.08.1994 (Teterow)
Der dritthöchste Wert ist 38,6 °C und stammt vom 1.8.1994 ebenfalls aus Teterow. Hier gilt das gleiche wie eben schon, Teterow erscheint um mindestens 1,5 Grad zu hoch.
(37.1 °C) * 31.07.2018 (Kirchdorf/Poel)
Um 3,5 Grad höher als Boltenhagen, 1,6 Grad über dem Tmax von Warnemünde, zudem höchste Messung aller DWD-Stationen in MV. Die Station steht auf einem Privatgrundstück und weist nahe dem Messfeld erheblichen Baumbewuchs auf. Somit ist die Durchlüftung bei Windrichtung Ost/Südost eingeschränkt und an Strahlungstagen (viel Sonnenschein) staut sich die Wärme.
(37.0 °C) * 30.06.1947 (Feldberg)
Um 2,5 Grad wärmer als das benachbarte Neustrelitz. Sehr wahrscheinlich unzureichender Strahlungsschutz- Behelfshütte in den Nachkriegsjahren: Ein viel kleinerer Kasten als die ’normale‘ englische Hütte (siehe Hintergrundinfo weiter unten), zudem aus purem Holz, also ohne weißen Anstrich, weil man 1946/47 noch keine Anstrichfarbe hatte.
Die Karte mit den Höchsttemperaturen vom 01.08.1994

An den Küsten damals Seewind und vergleichsweise angenehm mit 26 bis 29°C.
Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/messwerte/mecklenburg-vorpommern/tageshoechsttemperatur/19940802-0000z.html
Hintergrundinformationen zur Messung der Lufttemperatur in 2 m:
„Gemessen wird die Lufttemperatur immer in zwei Metern Höhe über Grund. Die Messung erfolgt jedoch nicht in der prallen Sonne, sondern abgeschattet mit einem modernen, aus Kunststoff gefertigten Lamellen-Strahlungsschutz. Dieser hat an den automatisierten Standorten die sogenannte „Englische Hütte“ ersetzt. Letztere ist eine weiß gestrichene Holzhütte mit Außenwänden aus Lamellen und kommt nur noch an sehr wenigen mit Personal besetzten Referenzstationen zum Einsatz.
Zur Messung der Temperatur können verschiedene Thermometer verwendet werden, wobei diese selbstverständlich auch strengen Richtlinien unterliegen und regelmäßig gewartet werden müssen. Die klassischen „Englischen Hütten“ sind meist mit Flüssigkeitsthermometern ausgestattet, die allerdings regelmäßig (mindestens stündlich) von Fachpersonal abgelesen werden müssen. Für die Fernmessung oder den Einsatz in automatischen Messdatenerfassungsanlagen eignen sich die Flüssigkeitsthermometer jedoch nicht. Automatisierte Wetterstationen besitzen daher elektronische Sensoren, welche die Lufttemperatur kontinuierlich aufzeichnen.“
Quelle: DWD: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2015/8/17.html
Anforderungen an den Standort und das Messfeld einer DWD-Wetterstation:
„Da die an einer Wetterstation gewonnen Daten möglichst repräsentativ für ein größeres Gebiet sein sollen, müssen hohe Anforderungen an den Standort und das Messfeld der Stationen gestellt werden. Um dies zu gewährleisten, orientiert sich der DWD bei der Aufstellung seiner Stationen an den Vorgaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), die Mindestanforderungen (z. B. für Hindernisabstände) festgelegt hat.
Um eine möglichst gute Repräsentanz zu erreichen, muss eine freie Exposition der Station gegenüber den meteorologischen Einflussgrößen gewährleistet sein. Dies wird dadurch erreicht, dass alle die Strahlung, den Niederschlag und den Wind abschirmenden Hindernisse in Abhängigkeit von ihrer Höhe und Breite einen Mindestabstand vom Messfeld haben müssen. Dasselbe gilt für Feuchte- und Wärmequellen, zu denen auch versiegelte Flächen und Gebäude zählen.
Der DWD prüft sowohl bei Einrichtung einer neuen Messstation als auch später während des Stationsbetriebs regelmäßig im Rahmen von Stationsbesuchen, ob die Standortvorgaben erfüllt sind, so dass die Messreihen unbeeinflusst von Veränderungen der Umgebungsbedingungen bleiben. Aus diesem Grund sollten in der unmittelbaren Umgebung des Messfelds keine Veränderungen vorgenommen werden. Auch sollte keine Lagerung (auch nicht temporär) von Baumaterial, Brennholz, etc. in unmittelbarer Nähe zum Messfeld erfolgen.
Befinden sich in der Nähe der Messgeräte Bäume und Büsche, ist darauf zu achten, dass diese durch ihren Wuchs im Laufe der Zeit nicht zu einer Beeinflussung der Messungen führen, z. B. durch Abschattung von Messgeräten, durch Veränderung der Luftströmungsverhältnisse oder der Abschirmung von Niederschlag. Gegebenenfalls ist ein Rückschnitt durchzuführen.„
Quelle: DWD: https://kunden.dwd.de/ankonda/docs/Beobachterhandbuch-Ankonda.pdf