Die markante und sehr lang ausgeprägte Hitzewelle im Norden und Nordosten Europas hat auch außergewöhnlich hohe Wassertemperaturen auf der Ostsee hervorgerufen. Ende letzter Woche war der vorläufige Höhepunkt mit Oberflächentemperaturen von 25 bis knapp 27°C im östlichen Teil der Ostsee. Eine Boje im Finnischen Meerbusen registrierte laut Finnischem Meteorologischen Institut am 14. Juli einen Tagesmittelwert der Wassertemperatur von 25,2°C, der Spitzenwert lag bei 26,6°C! Gemessen wird dort seit 20 Jahren in einigen zehn Zentimetern Tiefe, so warm war es seit Aufzeichnungsbeginn noch nie. Die durchschnittliche Wassertemperatur des Finnischen Meerbusens liegt zu dieser Jahreszeit im langjährigen Mittel etwa bei 17 bis 18 Grad.

Wassertemperaturen seit Sommerbeginn 2021 (01.06.) an zwei Bojen im Finnischen Meerbusen.
Der dänische Wetterdienst zeigt die Wassertemperaturen für Nord- und Ostsee in einer Übersichtskarte. Hier einmal exemplarisch der 16.07.(links) und der gestrige 20.07.2021 (rechts):
Man sieht, dass es wieder einige Grad bergab ging. Grund ist eine mit NW-Strömung eingeflossene kühlere Luftmasse und vor allem Wind, welcher das Meereswasser vertikal durchmischte. An unserer deutschen Ostseeküste sind und waren die Werte generell etwas gemäßigter und liegen bei jedoch auch sehr anständigen 20-22°C, in flachen Buchten und an den Boddenufern werden bis zu 24 Grad vermeldet.
Die Anomaliekarte stößt an ihre Grenzen. In der östlichen Ostsee verbreitet > 4°C über dem langjährigen Mittelwert, regional sind es 6 bis 8°C über normal.

Gleichzeitig ist das Mittelmeer je nach Region von der Wassertemperatur tatsächlich vergleichbar mit der Ostsee, letztere hat regional sogar wärmeres Wasser zu bieten! Hier die Werte aus dem Modell-Output vom EZMWF für den 16. Juli. Links ist der Mittelmeerraum zu sehen, rechts die Ostsee:
https://kachelmannwetter.com/de/modellkarten/euro/2021071600/3aa252697722b5134d3d4750cafaf086/wassertemperatur/20210716-1500z.html
Man vergleiche die Wassertemperaturen vor Mallorca mit denen vor Riga und Sankt Petersburg und staune!
Was für alle Wassersportler und Strandliebhaber im Grunde traumhafte Bedingungen sind, hat natürlich auch Schattenseiten. Cyanobakterien können sich massenhaft vermehren und den Badespaß trüben, denn bei übermäßigem Hautkontakt können Durchfälle, Übelkeit, Hautreizungen sowie allergische Reaktionen auslöst werden. Die als „Blaualgen“ bekannten gelb-grünlichen Teppiche wurden neben der finnischen und russischen Ostseeküste auch vor der schwedischen Insel Gotland beobachtet.
Nicht nur die Wassertemperaturen sind rekordhoch, auch die Lufttemperaturen bescherten insbesondere Finnland und Russland, aber auch den baltischen Staaten und den Regionen rund um den Polarkreis neue Höchstmarken. Sei es die absolute Höchsttemperatur, die höchste Tiefsttemperatur, die Anzahl der Sommertage oder die Mitteltemperatur. In Sankt Petersburg war die 1. Sommerhälfte (01.06. bis 16.07.) mit einer Durchschnittstemperatur von 22,8°C extrem warm, der bisherige Rekord wurde gleich um 1,8°C überboten (Messreihe seit 1951). An 15 Tagen überschritt das Thermometer die Marke von 30°C.
In Finnland meldete die Station Kouvola Anjala an 27 aufeinanderfolgenden Tagen einen Sommertag mit Höchstwerten von mindestens 25,0°C. Damit ist es die längste Hitzewelle in Finnland seit zumindest 1961, wahrscheinlich seit noch viel früher.
Für die Hauptstadt Helsinki sieht das Diagramm mit der Mitteltemperatur für die 1. Sommerhälfte ähnlich aus wie beim zuvor gezeigten Sankt Petersburg. 2021 sticht deutlich hervor.