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Niederschlagsbilanz Sommer 2022 / Zwischen Dürre und regionalen Starkregen-Hotspots

Der Statistik-Sommer 2022, bestehend aus Juni, Juli und August, war durch längere Trockenperioden und selbst in wechselhaften Phasen flächig gesehen nur durch unergiebige Niederschläge gekennzeichnet. Die regionalen Unterschiede bei den Mengen waren groß, überwiegend hatte der Niederschlag konvektiven Charakter, fiel demnach in Form von Schauern und Gewittern. Frontniederschläge beziehungsweise flächiger Dauerregen konnte kaum verzeichnet werden.

Dennoch kam Mecklenburg-Vorpommern noch vergleichsweise gut davon. Während der Sommer in West- und Südwestdeutschland sogar recht verbreitet historisch trocken abschloss, ist dies hier im Nordosten nur lokal der Fall.

Monatliche Niederschlagssummen im Gebietsmittel von MV seit März 2022 (in Klammern Prozent vom Soll der Periode 1961-1990)

März: 1,0 l/m² (2 %)
April: 29,8 l/m² (71 %)
Mai: 35,6 l/m² (70 %)
Juni: 33,3 l/m² (54 %)
Juli: 44,7 l/m² (69 %)
August: 59,8 l/m² (104 %)

Der August ist der erste Monat seit März mit einem Niederschlagsüberschuss im Flächenmittel von Mecklenburg-Vorpommern, allerdings nur minimal. Außerdem waren die Kontraste im letzten meteorologischen Sommermonat sehr groß. Während in Schwinkendorf bei Teterow 151,2 l/m² und damit 278 % des Solls vom Himmel fielen, verzeichnete zum Beispiel Warnemünde nur 19,6 l/m² und damit lediglich 33 % vom Klimamittel. Vor allem im nordwestlichen Mecklenburg waren alle drei Sommermonate sehr trocken. Hinzu kommt noch, dass sich die Niederschläge in den nassen Gebieten keineswegs wie für Natur und Landwirtschaft sowie Gärtner nützlich über den Zeitraum verteilten, sondern vielerorts in Form von Starkregen in kurzer Zeit niedergingen und im Extremfall sogar wahre Regenschlachten mit lokalen Überflutungen produzierten.

Detaillierte Einordnungen für konkrete Orte folgen weiter unten.

Erstmal zum Gebietsmittel: 137,0 l/m² errechneten sich für Mecklenburg-Vorpommern auf die Fläche betrachtet vom 01. Juni bis 31. August. Damit wurden 73,3 % vom Klimamittel der Periode 1961-1990 erreicht und 68,5 % verglichen mit dem neueren Referenzzeitraum 1991-2020. Nach der ersten vorläufigen Analyse belegt 2022 damit Platz 15 der trockensten Sommer seit 1881. Seit 1983 war lediglich 2018 (110,2 l/m²) noch trockener als 2022. Immer zu beachten gilt: Diese Einordnungen sind bezogen auf das Flächenmittel für ganz M-V. Pickt man sich bestimmte Orte und Städte heraus, variiert die Einstufung natürlich.

Seit 1983 war lediglich 2018 (110,2 l/m²) noch trockener als 2022.

Die 15 trockensten Sommer im Gebietsmittel von M-V seit 1881

Die größten Dürresommer stehen für 1976 und 1983 in den Büchern. Auch diese Vertreter waren gleichzeitig überdurchschnittlich warm, können mit den vielen sehr warmen Sommern seit den 1990er-Jahren und auch dem diesjährigen 2022er aber nicht mithalten.

JAHR
YEAR
WERT in l/m²
VALUE
197683,5
198389,0
1904103,5
1911105,2
2018110,2
1925115,8
1887125,5
1886128,5
1975129,0
1929132,3
1973133,9 
1893135,1 
1970136,4 
1938136,5 
2022137,0 

30-jähriger Mittelwert [l/m²]    

1991-2020           200,1

1981-2010           192,6

1971-2000           185,1

1961-1990           186,9

Radargestützte kalibrierte Niederschlagssummen in M-V im Sommer 2022

Da nicht jeder Ort eine amtliche Wetterstation hat und somit auch einiges durchs „Raster“ fällt, bietet sich zur flächendeckenden Darstellung eine Analyse ausgehend von der Radarreflektivität an. In die folgende Summenkarte fließen Live-Radarsummen und die Messwerten von allen verfügbaren Niederschlagsstationen ein. Durch die Einbeziehung der Messwerte wird die Genauigkeit der Niederschlagsmengen nochmal deutlich gesteigert.

Während im Bereich der Seenplatte lokal eng begrenzt bis zu 300 l/m² zusammenkamen (Peak zwischen Waren und Neubrandenburg), erreichten manche Orte im nordwestlichen Mecklenburg nur 60-65 l/m²! Auch rund um Schwerin, im südlichen LK Ludwigslust-Parchim an der Grenze zu Brandenburg und im Bereich Nationalpark Jasmund auf Rügen war das Niederschlagsdefizit besonders stark ausgeprägt (teils < 80 l/m²). Vorrangig dort, wo die Karte gelblich bis braun eingefärbt ist, verlief der Sommer deutlich zu trocken.

Quelle: Kachelmannwetter, https://kachelmannwetter.com/de/regensummen/mecklenburg-vorpommern/kalibrierte-summe-90tage/20220830-0550z.html

Zoomt man in der Karte nach Nordwestmecklenburg rein, findet man die niederschlagsärmsten Ecken des Landes:

Quelle: Kachelmannwetter, https://kachelmannwetter.com/de/regensummen/nordwestmecklenburg/kalibrierte-summe-90tage/20220830-0550z.html

Liste der trockensten Orte im Sommer 2022 (in Klammern Prozent vom Klimamittel 1961-1990)

62,9 l/m² (35 %) Wismar

66,7 l/m² (35 %) Rögnitz

70,2 l/m² (37 %) Sukow-Zietlitz bei Schwerin

73,7 l/m² (38 %) Grevesmühlen

74,5 l/m² (38 %) Rüting-Diedrichshagen

Liste der nassesten Orte im Sommer 2022 (in Klammern Prozent vom Klimamittel 1961-1990)

240,7 l/m² (131 %) Strasburg

222,4 l/m² (127 %) Schwinkendorf

220,3 l/m² (122 %) Waren/Müritz

214,6 l/m² (125 %) Schönbeck

204,0 l/m² (120 %) Altkalen-Granzow

Wo war das Niederschlagsdefizit im Sommer 2022 besonders hoch? Die folgende Karte zeigt auf einen Blick die Dürre-Hotspots. In M-V fielen im westlichen Mecklenburg verbreitet nur 35-50 l/m² des Sollwertes. Mecklenburg-Vorpommern schneidet im Bundesländer-Vergleich allerdings mit dem niedrigsten Defizit ab- rund 75 % sind es im Gebietsmittel.

Quelle: https://www.mtwetter.de/monatskarte/mo_drr-2022-sommer-2-stations_id.png

Beachtliche Niederschlagstage aus dem Sommer: Größere Tagessummen, generiert aus langsam ziehenden Gewittern und Starkregenschauern gab es am 01. Juli, 18. August und 26. August. Viele Regionen gingen leer aus und mancherorts fiel wiederum derart viel in kurzer Zeit, dass es zu Überflutungen kam.

Quelle: Kachelmannwetter, Messnetzkarten: https://kachelmannwetter.com/de/messwerte

Das markanteste Beispiel ist der 19.08.2022, als in den Morgenstunden in Rattey (Seenplatte) innerhalb von 3 Stunden etwa 100 l/m² fielen. Der Tageswert lag bei 112,3 l/m², gefolgt von Strasburg mit 92 l/m².

https://www.nordkurier.de/neustrelitz/rattey-schon-wieder-von-schwerem-unwetter-heimgesucht-1949327908.html


Nun zur Einordnung des Sommerniederschlags einige Hitlisten verschiedener Wetterstationen. Da das westliche Mecklenburg der Dürre-Hotspot war, sind dortige Standorte rausgesucht worden.

Wismar war der niederschlagsärmste Ort im Sommer 2022 in MV- die Hansestadt hat sogar den trockensten Sommer (Juni, Juli, August) seit Beginn von Aufzeichnungen im Jahr 1934 erlebt!

Trockenste Sommer Wismar (seit 1934)

2022 62,9 l/m²
1976 68,4 l/m²
1983 70,2 l/m²
1938 94,0 l/m²
1992 99,9 l/m²
2018 108,0 l/m²

Das Diagramm mit den Tagesmengen im Sommer 2022 an der Station Wismar. Nur einmal, am 01.07., wurde eine Tagessumme von > 10 l/m² registriert. Am trockensten war der Juni mit nur 5,6 l/m².

Auch Grevesmühlen verzeichnete einen außergewöhnlich trockenen Sommer. Es fielen nur etwa 38 % des Klimamittels. Lediglich 1976 war in der Messreihe seit 1908 noch trockener.

Trockenste Sommer Grevesmühlen (seit 1908)

1976 67,2 l/m²
2022 73,7 l/m²
1983 74,6 l/m²
2013 83,7 l/m²
1925 96,3 l/m²
2018 99,2 l/m²

Die Landeshauptstadt Schwerin verfügt über eine besonders lange und lückenlose Messreihe. Seit 1853 liegen auch Niederschlagsdaten vor. In der über 150-jährigen Historie landet 2022 auf Rang 6 der trockensten Sommer.

Trockenste Sommer Schwerin seit 1853

1976 61,1 l/m²
1893 80,7 l/m²
1911 81,6 l/m²
1865 83,0 l/m²
1857 89,0 l/m²
2022 90,2 l/m²

Ein gänzlich anderes Bild ergibt sich in den Regionen im Südosten im Bereich Seenplatte mit Starkregen-Volltreffern, hauptsächlich leisteten hier der 18./19. und 26./27.08. einen großen Beitrag. In Waren fielen 122 % vom zu erwartenden Soll nach Klimamittel 1961-1990. In der Hitliste taucht der Sommer daher erst sehr weit hinten auf.

Trockenste Sommer Waren/Müritz seit 1889

1925 76,7 l/m²
2018 96,2 l/m²
1983 98,5 l/m²
1976 102,2 l/m²
1973 102,7 l/m²
1904 107,1 l/m²

Platz 96: 2022 220,3 l/m²


Situation in den Bodenschichten

Im Bodenfeuchteviewer des DWD sind die Gebiete mit den Starkniederschlägen von vor etwas mehr als einer Woche zu erkennen. Dort konnte die Dürre im Boden gelindert werden. Diese Regionen erstrecken sich von der Mecklenburgischen Seenplatte aus nordwärts bis nach Stralsund und auf Rügen. Dort war der Oberboden kurz nach dem Ereignis sogar „überversorgt“ mit Wasser. Schon in der rechten Karte ist jedoch abzulesen, dass in manchen Regionen das Regenwasser die Situation in der Bodenschicht 20-30 cm nicht verbessern konnte und bis in diese Tiefen nicht nennenswert vorgedrungen ist. So ist zum Beispiel in Rostock am 26./27. August auch leichter bis mäßiger Regen gefallen, doch der Trockenstress ist besonders in den Schichten > 10 cm Tiefe unverändert vorhanden.

Man beachte die Legende in den Karten der Bodenfeuchte unter Gras. Je brauner die Färbung, desto höher der Trockenstress der Vegetation. Bei grünen bis blauen Farben spielt Dürre in den entsprechenden Bodentiefen keine Rolle. Die Trockenheit im Boden ist vor allem im Norden und Westen von Mecklenburg weiter deutlich ausgeprägt.

Links: Bodentiefe 0-10 cm, rechts: 20-30 cm (Karten vom 29.08.2022)

Mit dieser Lage geht es nun in den meteorologischen Herbst hinein. Die erste Septemberwoche bleibt hochdruckgeprägt und mit Ostströmung trocken. Auch wenn einige Regionen in MV momentan zumindest bis in Bodenschichten von 30-50 cm wieder gut mit Wasser versorgt sind, geht andernorts die Trockenheit weiter. Es gilt nach wie vor, dass man auf flächige Niederschläge hoffen sollte.

Der Niederschlagsmangel hat auf Dauer sichtbare Folgen für die Vegetation. Das Gras verdorrt auf den Wiesen und Grünflächen verwandeln sich in „Braunflächen“, es kommt zu Ernteeinbußen bei Feldfrüchten wie Getreide und Mais sowie Notbelaubung bei Bäumen. Zudem sinken Fluss- und Seepegel und die Grundwasserstände ebenso. Außerdem ist die Wald- und Vegetationsbrandgefahr hoch.

Deutliche Folgen hat die Dürre in der Region um Wismar. Helmut Kuzina berichtete über das Portal „myheimat.de“ von dort. Er schrieb: „Rund um Wismar hält die Trockenheit auf den Ackern und Feldern an, das Grünland verkümmert weitgehend.“ Dazu hat er unter anderem folgendes Bild hochgeladen:

Quelle: https://www.myheimat.de/wismar/wetter/viel-trockenheit-in-nordwestmecklenburg-d3412695.html

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