Fragen und Diskussionen darüber, ob es früher häufiger „Weiße Weihnachten“ bzw. ein kaltes Weihnachtsfest gab, kommen gerade im Dezember immer wieder auf. Viele Menschen können dann nur aus Erinnerungen sprechen und nicht selten gibt dies ein verzerrtes Bild wieder.
In diesem Beitrag blicken wir zurück auf 75 Jahre Weihnachtswetter im Ostseebad Warnemünde. Zudem werden besondere Ereignisse auch für ganz Mecklenburg-Vorpommern betrachtet und Statistiken für bestimmte Orte grafisch aufbereitet.
In der folgenden Tabelle ist jeweils seit 1947 die Höchsttemperatur, Tiefsttemperatur und Schneehöhe am 24./25. und 26. Dezember für Rostock-Warnemünde dargestellt. Die Daten stammen allesamt von der Wetterwarte an der Strandpromenade.
Damit auf den ersten Blick erkennbar ist, ob eine signifikante Abweichung vom Klimamittel vorlag (z.B. deutlich zu kalt/ zu mild) bzw. ob Schnee lag, sind die Felder farblich gestaltet. Wer die Einteilung der Temperaturwerte genau nachvollziehen möchte, findet hier die Legende:
-Schneehöhe
• geschlossene Schneedecke, mindestens 1 cm = grau
-Tageshöchsttemperatur
• unter 0,0°C = dunkelblau
• 0 bis 2°C = hellblau
• 2 bis 5°C = grün
• 5 bis 10°C = gelb
• über 10°C = rot
-Tagestiefsttemperatur
• -5°C und kälter = dunkelblau
• 0,0 bis -5°C = hellblau
• 2 bis 0°C = grün
• 5 bis 2°C = gelb
• über 5°C = rot





Weiße Weihnachten in Warnemünde: 1956, 1961, 1962, 1963, 1964, 1969, 1970, 1981, (1984), 1986, 1995, (1996), (2001), 2009, 2010, (2012), (2021)
() = An nur einem der jeweils drei ausgewerteten Tage (24.-26.12.) lag eine messbare geschlossene Schneedecke
Allgemein bekannt sein sollte, dass Schnee zum Weihnachtsfest eher eine Seltenheit darstellt. Selbst im Großraum München gibt es im Mittel der vergangenen 70 Jahre höchstens alle 3 Jahre weiße Weihnachten. Zudem sind von Jahr zu Jahr enorme Unterschiede, bspw. bei der Temperaturspanne möglich. Sowohl frühlingshafte Werte über 15°C als auch strenger Frost unter -15°C sind in Mecklenburg-Vorpommern an den Tagen vom 24-26.12. in der Vergangenheit bereits aufgetreten.
In Warnemünde gab es letztes Jahr Schnee mit leichtem Tauwetter zu Heiligabend. Dann strömte kalte und trockene Frostluft aus Skandinavien ein, über die beiden Feiertage lagen dann aber nur noch Schneeflecken. Davor war es zuletzt 2010 über die gesamten 3 Weihnachtstage winterlich kalt und verschneit.
Insgesamt lief dann seit 2011 eine „Mild-Serie“ mit zehn schneefreien Festen in Folge. In Bezug auf den Schnee ist dies in der Messreihe seit 1947 aber nicht einzigartig: Auch von 1947 bis 1955 (9 Jahre) war die Landschaft zu Weihnachten grau, im Zeitraum 1971 bis 1980 sogar ebenfalls 10 Jahre hintereinander. Bemerkenswert ist eher die Milde der Luftmasse, in der Tabelle gut an der Dominanz der Rotfärbungen seit 2011 zu erkennen. So wurden im Rostocker Ostseebad 2011, 2013, 2015 und 2016 zweistellige Plusgrade am 25.12. gemessen. Frost gab es dagegen nur am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2014 und dann zum kalten Weihnachtsfest letztes Jahr 2022.
Nun der Blick auf einige markante Ereignisse bei uns in Mecklenburg-Vorpommern. Was hat uns die Wetterküche zu Weihnachten in den letzten 80 Jahren beschert?:
Kalte/schneereiche Weihnachten
In der Auflistung für den Standort Warnemünde sticht besonders die Aufeinanderfolge ziemlich kalter und weißer Weihnachten von 1961 bis 1964 hervor. Viel Schnee lag nicht, aber bei einer geschlossenen Schneedecke von 1 bis 5 cm herrschte damals vier Mal hintereinander ein winterlicher Gesamteindruck. 1961 und 1963 war das recht flächendeckend der Fall, 1962 und 1964 nur regional:
Schneehöhe 1. Weihnachtsfeiertag, jeweils in den Jahren 1961 bis 1964




Extrem eisig war es am 26.12.1961 mit einer -21 im mecklenburgischen Goldberg. Die Karte mit den Tiefsttemperaturen an den MV-Stationen und einem Spektrum zwischen -13 und -21°C:

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass Anfang der 1960er-Jahre die kältesten Weihnachten im Zeitraum nach dem Krieg aufgetreten sind. In diesem Zusammenhang ist auch das Fest 1969 zu nennen, als ebenfalls verbreitet zweistellige Minusgrade in MV registriert wurden und überall eine geschlossene Schneedecke lag.


Recht kalte Weihnachten waren dann im folgenden Jahrzehnt 1970, 1972 (allerdings ohne Schnee) und 1976.
Hier die Schneehöhen vom 1. Weihnachtsfeiertag 1970 und 1976:


1981 gab es wieder flächendeckend „Weiße Weihnachten“ in Mecklenburg-Vorpommern. Die zur damaligen Zeit zahlreichen Messstellen (über 200 in MV) meldeten meist zwischen 10 und 20 cm Schnee, am meisten von der weißen Pracht lag auf der Insel Rügen:

1986 war eines der sehr seltenen Weihnachtsfeste, welche flächig in (nahezu) ganz Deutschland weiß waren. Auch in Mecklenburg und Vorpommern präsentierte sich die Landschaft vielerorts winterlich in weiß getaucht, allerdings nicht überall wenn man einen Streifen von der Rostocker Küste bis Darß-Zingst betrachtet:

Aus meteorologischer Sicht fast schon spektakulär mutet die Schneehöhenkarte vom 24.12.2001 an. Die Messwerte aus den Morgenstunden lagen in Nordvorpommern bei 20 bis 50 cm (!), in Bergen auf Rügen bestimmte der Wetterbeobachter sogar eine Schneedecke von 57 cm Höhe. Da die Temperaturen jedoch in den Plusbereich stiegen, setzte rasch Tauwetter ein und bald blieb kaum mehr als Matsch übrig.

Selbst die jüngere Generation dürfte noch Erinnerungen an das legendäre Weihnachtsfest 2010 haben. Der Dezember war einer der kältesten und schneereichsten seit Aufzeichnungsbeginn und eben gleiches gilt auch für die Weihnachstage. In MV war es sogar das Weihnachtsfest mit dem meisten Schnee seit mindestens 1900 (siehe Auswertungen weiter unten im Bericht). Es war damals durchaus ein Extremereignis und tritt so auch in der obigen Tabelle in Erscheinung. MV- und auch deutschlandweit hat es im Untersuchungszeitraum seit 1947 kein weiteres Weihnachten mit einer derart flächigen Schneedecke in dieser Mächtigkeit gegeben. Ausnahmenlos überall, selbst auf den Inseln und im tiefsten Ruhrgebiet, ist Frau Holle aktiv gewesen.
Wertet man bestimmte Regionen einzeln (kein Gebietsmittel), fällt jedoch auf, dass es 1981 im Mittelgebirgsraum und im Süden noch schneereicher war.
Noch ein Blick auf die Karte mit den Schneehöhen der MV-Stationen vom 24.12.2010:

Hinweis: Die extremen Spitzen (z.B. 68 cm Stralsund) sind durch Schneeverwehungen leicht verfälscht.
Wie oft trat eine geschlossene Schneedecke von 1 cm oder mehr am 1. Weihnachtsfeiertag auf ? / 1951 bis 2021 (70 Jahre):
- Warnemünde: 12 x
- Boltenhagen: 12 x
- Schwerin: 17 x
- Parchim: 16 x
- Kap Arkona: 10 x
- Greifswald: 15 x
- Anklam: 15 x
- Carpin-Serrahn bei Neustrelitz: 20 x
Es wurden Stationen quer durch MV mit einer zuverlässigen durchgehenden Schneehöhen-Messreihe ohne Lücken ausgewählt.
Weiße Weihnachten in Rostock-Warnemünde (seit 1951): 1956, 1961, 1962, 1963, 1964, 1969, 1970, 1981, (1984), 1986, 1995, (1996), (2001), 2009, 2010, (2012), (2021)
Weiße Weihnachten in Schwerin (seit 1951): 1952, 1954, 1956, 1961, 1962, 1963, 1964, 1966, (1968), 1969, 1970, (1976), (1979), 1981, 1986, 1993, (1995), (2001), (2003), (2005), 2009, 2010, (2012), 2021
Das folgende Diagramm zeigt die Anzahl Weißer Weihnachtsfeste, gemessen daran ob mindestens an 2 der 3 Weihnachtstage (24.-26.12.) eine messbare/geschlossene Schneedecke lag, in den einzelnen Jahrzehnten seit 1901 für die Landeshauptstadt Schwerin. Zudem ist jeweils die höchste Schneedecke an einem Weihnachtstag im jeweiligen Jahrzehnt abgetragen. Auffallend ist: Weihnachten mit verschneiter Landschaft ist immer schon eher die Ausnahme als die Regel gewesen. Eine außergewöhnliche Häufung weißer Feste in Schwerin gab es von 1960 bis 1970. Von 2011 bis 2020 waren dagegen 10 Jahre schneefrei, ebenso allerdings auch in den 1970ern. Und von 1901 bis 1930 gab es insgesamt nur 3 mal Weiße Weihnachten. Erkennbar außerdem: Weihnachten mit der höchsten Schneedecke war in den Jahren 2010 (bis 20 cm) und 1986 (bis 19 cm). Deutlich häufiger kam Weihnachten in den 1930er und 1960er-Jahren weiß daher, aber eben nicht mit einer Schneedecke von so großer Mächtigkeit. Diese Zahlen sind jedoch alle auf das Beispiel Schwerin bezogen, in anderen Regionen von Mecklenburg und Vorpommern kann es schon anders aussehen.
Festzuhalten gilt jedoch: Es ist nicht so, dass Weiße Weihnachten deutlich seltener geworden sind, viel mehr lässt sich analysieren, dass die sehr milden Weihnachtsfeste, teils mit zweistelligen Höchsttemperaturen im Plus, gehäufter auftreten.

Weiße Weihnachten in Greifswald (seit 1951): (1952), (1954), (1955), 1956, 1961, 1962, 1963, (1964), (1968), 1969, 1970, 1976, 1981, 1986, 1995, 1996, 1999, 2000, 2001, 2003, (2005), 2009, 2010, (2012), 2021
() = An nur einem der jeweils drei ausgewerteten Tage (24.-26.12.) lag eine messbare Schneedecke
Simultan zu Schwerin die gleiche Datenauswertung auch für die Hansestadt Greifswald:

Die folgende Grafik zeigt die mittlere Schneehöhe am 1. Weihnachtsfeiertag in Mecklenburg-Vorpommern. Ausgewertet wurde der Zeitraum seit 1930, wobei alle vorhandenen Messwerte von Wetterstationen und Niederschlagsstationen mit eingeflossen sind. Es wird deutlich, dass 2010 das mit Abstand schneereichste Weihnachtsfest war! Durchschnittlich lag vor 9 Jahren 25,1 cm Schnee in MV. Das letztjährige Weihnachten war dann das erste mit Schnee in der Fläche gesehen seit 2010.

Außergewöhnlich milde Weihnachten
Nach dem Durchstöbern des Datenarchives kommt man am 24.12.1977 nicht vorbei. Viele Dezember-Temperaturrekorde an MV-Wetterstationen stammen von diesem Tag. Am Vormittag erreichte ein kurzer extremer Warmluftschwall ausgehend von Südwesteuropa die Region und die Thermometer zeigten Werte von 10°C auf Hiddensee und für die Jahreszeit sehr ungewöhnliche 15 bis 17°C in Mecklenburg an. Auch der 1. und 2.Weihnachstsfeiertag verliefen mild, aber zweistellige Temperaturdaten wurden nicht mehr gemessen.
Außerdem gab es Heiligabend 1977 schweren Sturm mit einer Spitzenböe von 144 km/h in Boltenhagen.

Plusgrade um oder über 10°C gab es zudem 1980, 1983, 1988 und 1997, bevor von 2011 bis 2018 die beeindruckende Mild-Abfolge einsetzte. Als Einzelereignis kamen sehr milde Weihnachten schon immer mal vor, aber derart viele Festtage mit zweistelligen Werten und Nachttemperaturen fernab des Minusbereiches in den letzten Jahren sind schon auffällig. Diese Entwicklung lässt sich gut an der Warnemünde-Liste ableiten: Auf dem ersten Bild (bis Beginn 1960er-Jahre) erscheint nur ein Feld in der Farbe Rot, während im letzten Abschnitt von 2011 bis 2018 Tagestopwerte von mindestens 10°C und Nachtwerte von über 5°C eher die Regel als Ausnahme darstellten.
Wetterrekorde Weihnachten / Mecklenburg-Vorpommern
Höchstes Tagesmaximum: 16,5°C Boizenburg/Elbe (24.12.1977)
Tiefstes Tagesmaximum: -12,7°C Ueckermünde (24.12.1969)
Tiefstes Tagesminimum: -20,6°C Goldberg (26.12.1961)
Höchstes Tagesminimum: 10,3°C Boizenburg/Elbe (26.12.2015)
Höchste 24h-Niederschlagsmenge: 42,0 l/m² Zingst, Ostseeheilbad (26.12.1913)
Höchste Schneedecke: 69 cm Stralsund (25.12.2010) => erscheint etwas überhöht
Nachfolgewert: 55 cm Zudar/Rügen (25.12.2010)
Höchste Windspitze: 144 km/h Boltenhagen (24.12.1977)

Genial!!!!
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Wahnsinnig detailliert & umfangreich, so muss eine Weihnachtswetteranalyse sein.
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