
Anfang Dezember 2013 entwickelte sich Tief Xaver durch große Temperaturgegensätze zu einem ausgewachsenen Orkanwirbel und bewegte sich in etwa von Island über das Nordmeer nach Skandinavien und schließlich weiter in Richtung Osteuropa. Das Sturmfeld, welches ungewöhnlich breit war, erfasste Schottland, die Niederlande, Dänemark, Polen und auch die deutsche Nord- und Ostseeküste sowie das angrenzende Hinterland. Im Zentrum des Orkantiefs sank der Luftdruck in der Nacht zum Nikolaustag zeitweise auf knapp 960 hPa (Raum Dänemark/Südschweden). Es entstanden enorme Luftdruckgegensätze, denn gleichzeitig ankerte als Gegenspieler ein ausgedehntes Hochdruckgebiet vor der Biskaya mit einem Kerndruck von circa 1037 hPa.
Xaver zog bemerkenswert langsam, sodass der Sturm sehr lange anhielt. In Warnemünde wurden beispielsweise über einen Zeitraum von 30 Stunden ohne Unterbrechung Böen von mindestens Stärke 9 registriert. Noch extremer sind die Daten der exponiert gelegenen Wetterstation Hiddensee-Dornbusch: Hier wurde über einen Zeitraum von 41 Stunden im Mittel (keine Böen!) Sturmstärke erreicht. Orkanböen gab es durchgehend von Donnerstag, 05.12. 16:10 MEZ bis Samstag, 07.12. 00:10 MEZ. Dies entspricht einer Spanne von 32 Stunden.
An der Nordseeküste kam es zu einer schweren bis sehr schweren Sturmflut, auch an der MV-Ostseeküste gab es deutlich erhöhte Wasserstände.
Spitzenböen MV, 05./06.12.2013- in km/h
167 Hiddensee-Dornbusch
141 Heiligendamm
136 Warnemünde
130 Greifswalder Oie
125 Kap Arkona
121 Boltenhagen
121 Darßer Ort
118 Bastorf-Kägsdorf
113 Schwerin
107 Putbus/Rügen
106 Groß Lüsewitz
103-117 = Windstärke 11 (orkanartig)
ab 118 = Windstärke 12 (Orkan)
Ablauf
Mit Annäherung von Tief XAVER frischte vorderseitig bereits am Donnerstagvormittag (05.12.) der SW-Wind in Mecklenburg-Vorpommern deutlich auf. Zudem setzte der Warmfrontregen ein. An der Küste drückte der ablandige Wind das Wasser vom Ufer weg und es stellte sich Niedrigwasser ein. Ein erster Höhepunkt wurde dann in den Abendstunden mit Durchzug der Kaltfront erreicht. Diese äußerste sich durch kräftige Schauerlinien (teils mit Graupel/kleinem Hagel), einem Windsprung von SW auf NW und vor allem extremer Böigkeit. An der Rostocker Küste erreichten die Windspitzen zwischen 20 und 21 Uhr Orkanstärke Bft 12 mit 141 km/h in Heiligendamm und 136 km/h in Warnemünde. Zahlreiche Schäden entstanden zu dieser Zeit in den Küstenwäldern Mecklenburgs, aber auch in den Städten, beispielsweise Rostock, Wismar und Schwerin.

Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/messwerte/mecklenburg-vorpommern/windboeen-max/20131206-0000z.html
Nach kurzer Abschwächung über Nacht nahm der Wind auf der Rückseite der Kaltfront zum Freitagmorgen wieder zu. Der sogenannte Trogsturm erfasste nun die Ostseeküste von MV. Auf der Insel Hiddensee meldete die Messtechnik um 04:10 und 06:20 Uhr mit 167 km/h die maximale Windgeschwindigkeit für MV.
! Erklärung Trogsturm: Tritt im Bereich höhenkalter Luft auf der Rückseite eines Sturm- oder Orkantiefs bei zunehmend konvektiver Wetteraktivität auf. Tiefer Luftdruck stößt in höheren Schichten der Atmosphäre in Form eines Troges vor.
Mittlerweile strömte deutlich kältere Luft polaren Ursprungs ins Land und gelegentlich von NW hereinziehende Schauer fielen zumindest im Binnenland (abseits des wärmenden Ostseewassers) teils als Schnee. In den südlichen Landesteilen bildete sich bis zum Klimatermin um 07 Uhr regional eine geschlossene Schneedecke aus. In Carpin-Serrahn bei Neustrelitz maß der ehrenamtliche Beobachter eine Schneehöhe von 10 cm.

Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/messwerte/mecklenburg-vorpommern/schneehoehen-tag/20131206-0600z.html
Aufgrund der Unwetterlage fiel am 06.12. im ganzen Bundesland der Unterricht an den Schulen aus. Fähren blieben in den Häfen, die Weihnachtsmärkte öffneten ebenfalls nicht. Der Sturm hielt tagsüber unvermittelt an, weiterhin erreichten die Windgeschwindigkeiten im Küstenumfeld Stärke 10 bis 12 aus Nordwest.
Zur Nacht auf Samstag (07.12.) erreichten die Pegelstände an der MV-Ostseeküste ihren Höchstwert. In Rostock wurden 1,17 m über mittleren Wasserstand erreicht, Koserow auf Usedom meldete 1,11 m und Warnemünde 1,05 m über MWST. Somit handelte es sich nur um eine leichte Sturmflut. Ganz anders an der Nordsee, wo es teilweise die zweithöchste Sturmflut seit Beginn der Aufzeichnungen gab. In Hamburg-St. Pauli wurde ein Spitzenwert von 3,98 m über MWST erreicht.
Zum Wochenende beruhigte sich das Wetter und das öffentliche Leben normalisierte sich.
Bildmaterial aus Warnemünde
Um die 50 Bäume hat Xaver im Ostseebad nach Angaben des Grünamtes umgelegt. Besonders betroffen war der Kurpark, Stephan-Jantzen- Park sowie der alte Warnemünder Friedhof. Teilweise gingen Fensterscheiben zu Bruch und Mülltonnen flogen umher. Die Feuerwehr sicherte den Weihnachtsbaum auf dem Warnemünder Kirchenplatz.


Warnmanagement

Quelle: http://www.unwetterzentrale.de/uwz/928.html
Xaver zählt zu den stärksten Sturmereignissen der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland. Zu dieser Einschätzung kommt man insbesondere, wenn nur der Norden zur Auswertung herangezogen wird, denn Süddeutschland bekam kaum etwas von Xaver ab.
Hier die Einordnung für Warnemünde, Orkan Xaver auf Platz 4 der höchsten Windspitzen seit 1967.
Die 5 höchsten Tageswindspitzen in Warnemünde (seit 1967) | |
41.0 m/s (148 km/h) | 13.11.1972 => Orkan Quimburga |
39.0 m/s (140 km/h) | 15.01.1968 => namenslos |
37.8 m/s (136 km/h) | 26.11.1992 => Orkan Ismene |
37.7 m/s (136 km/h) | 05.12.2013 => Orkan Xaver |
37.0 m/s (133 km/h) | 17.10.1967 => Skane-Orkan |
Auffällig war das offensive Ausgeben von Warnungen im Vorfeld des 05./06.Dezember. Dadurch konnten einerseits Vorkehrungen getroffen und so Schäden verhindert werden. Andererseits häuften sich im Nachgang Einschätzungen, nach denen alles nur halb so schlimm war. Tatsächlich geisterten Vorhersagen von Böen im Bereich 160 bis 180 km/h durch die Medien, welche es schließlich nur an sehr exponierten Stellen an der Küste gab.
In den Berechnungen der verschiedenen Vorhersagemodelle zeichnete sich schon ziemlich früh eine Sturmtiefentwicklung für den 05./06.12. ab. Das amerikanische Modell rechnete bereits am 29.11.2013 ein Orkantief mit einem Kerndruck von 960 hPa über Südnorwegen, also fast exakt so, wie es schließlich kommen sollte. In den Folgetagen schwankten die Prognosen dann (wie üblich) noch hin und her. Drei Tage vor dem Ereignis waren sich die meisten Modelle dann einig: Orkanböen für die Küsten von Nord- und Ostsee sowie im Binnenland von Schleswig-Holstein.
Letztendlich wurden die Spitzenböen etwas überschätzt, die Andauer des Sturms dagegen leicht unterschätzt.