Dieser Beitrag beschäftigt sich näher mit der klimatologischen Einordnung der Trockenperiode aus dem diesjährigen zeitigen Frühjahr. Die Dauer der Phase lässt sich für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern auf den Zeitraum vom 26. Februar bis 03. April einordnen. Am 04. April beendeten flächendeckende Regenfälle die extrem trockene Witterungsperiode. Auch zwischendurch gab es vielerorts an ein bis vier Tagen geringe Niederschläge, welche aber kaum nennenswert waren. An 15 von 195 Niederschlagsstationen des DWD in MV blieb der Monat März komplett trocken, bisher seit mindestens 1881 noch nie vorgekommen, und 5 Messstellen brachten es sogar auf die „maximale“ Länge von 37 Tagen in Folge ohne messbaren Niederschlag (Tageswert = 0,0 l/m²).
Zur Analyse ist zunächst eine Definition für den Begriff Trockenperiode/-phase nötig. Diese ist nicht einheitlich festgelegt. Für diese Auswertung sei die „strengstmögliche“ Eingrenzung zu Grunde gelegt. Es werden die aufeinanderfolgenden Tage mit einer 24-stündigen Summe von <0,1 l/m² gezählt. Eine Trockenperiode beginnt also nach dem letzten registrierten Niederschlag und endet mit einem erneuten Niederschlag. Mit Bezug auf die Messverfahren und Sensoren muss die Frage ganz korrekt jedoch heißen: Wie lange fiel kein messbarer Niederschlag? Ein paar einzelne Tropfen sind somit erlaubt und auch kurzes minimales Nieseln, aber eben nur insofern der Niederschlagsmesser nicht von 0,0 l/m² auf mindestens 0,1 l/m² ausschlägt.
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass bereits ein kurzer Schauer statistisch gesehen die Trockenperiode beendet beziehungsweise unterbrechen würde. Auf die Vegetation und den Wasserhaushalt hat ein kurzer geringer Niederschlag aber beispielsweise kaum Effekte, denn das Wasser dringt überhaupt nicht relevant in den Boden ein. Dafür sind ergiebigere und vor allem länger anhaltende Niederschläge notwendig. Deshalb werden manchmal auch die Grenzwerte für das Enden einer Trockenperiode bei Tagessummen von 0,1 l/m² oder 1,0 l/m² gezogen. Damit wird man den Auswirkungen für Natur und Landwirtschaft besser gerecht.
Die folgende Übersichtskarte zeigt den Rekord für die längste Trockenperiode an ausgewählten Standorten in M-V. Die jeweiligen Messreihen reichen unterschiedlich weit zurück, der Aufzeichnungsbeginn steht in Klammern. Es wurden Stationen mit möglichst langer und lückenloser Messreihe ausgewählt.

Es fallen regionale Unterschiede auf. Die längsten Trockenperioden ließen sich für Nordvorpommern in den Datenarchiven finden. Etwa von Mitte Mai bis Ende Juni 1992 (48-49 Tage) fiel zum Beispiel auf der Insel Rügen kein Niederschlag. Lokal dauerte die Dürre sogar noch länger an. In Prerow auf dem Darß erstreckte sich die Spanne ohne Regen damals sogar auf extreme 59 Tage (13.05.-10.07.1992). Bis heute ist dies der gültige Landesrekord für Mecklenburg-Vorpommern. Im benachbarten Zingst (siehe Karte) endete die Trockenperiode, wie auch recht verbreitet in der Umgebung, am 30.06.1992. Obwohl zwischen beiden Orten nur wenige Kilometer liegen, handelt es sich hier wahrscheinlich nicht um einen Meldefehler in Prerow. Die Niederschläge Anfang Juli 1992 waren schauerartiger Natur und lokal eng begrenzt. Prerow wurde von den Echos ausgespart, sodass dort die Trockenperiode nochmal um 10 Tage länger anhielt.
In Ostvorpommern gab es zwei Jahre später eine beachtliche Trockenperiode und sorgte für die dortigen Rekorde. In Anklam fehlte Niederschlag 42 Tage hintereinander im Wettergeschehen (30.06.-10.08.1994).
Im Süden und vor allem Südwesten Mecklenburgs stammen die Höchstmarken aus dem Jahr 1920. Bis zu 44 Tage dauerte der komplett trockene Zeitraum vom 01. Oktober bis 13. November. Im Bereich Rostock und teils in der Landesmitte liegt die längste Trockenperiode 26 Jahre zurück und erreichte etwa 35-37 Tage. Der Januar 1996 war ein extrem ruhiger Hochdruckmonat mit viel Nebel und Hochnebel und teils etwas Sprühregen oder Schneegriesel, doch messbarer Niederschlag kam nicht zusammen.
In Nordwestmecklenburg, schwerpunktmäßig in der Gegend um den Klützer Winkel, geht der Blick ins Frühjahr 1980. Zum Beispiel in Boltenhagen blieb Niederschlag vom 28. April bis 29. Mai und damit 32 Tage lang außen vor.
Weitere sehr lange Trockenphasen, welche mancherorts bis heute unübertroffen sind, ereigneten sich in den Jahren 1893, 1894, 1928 und 1943.
In welchen Landesteilen erreichte die diesjährige Trockenperiode nun die bisherigen Rekordspannen? Dafür lohnt sich ein detaillierterer Blick in den Kreis Mecklenburgische Seenplatte. An einzelnen Orten mit kürzeren Messreihen, welche erst nach dem Krieg begannen, konnten neue Rekorde verbucht werden. Hier eine entsprechende Auflistung:
Stationen mit neuen Rekorden für die längste Periode mit Tagen ohne messbaren Niederschlag (Tagessumme <0,1 l/m²)
Ort | Landkreis | Neuer Rekord | Alter Rekord | Beginn Messreihe |
Friedland | Mecklenburgische Seenplatte | 35 Tage 26.02.-01.04.2022 | 34 Tage 08.07.-10.08.1994 | 1969 |
Kratzeburg-Granzin | Mecklenburgische Seenplatte | 37 Tage 26.02.-03.04.2022 | 34 Tage 22.07.-24.08.1995 | 1969 |
Roggenhagen | Mecklenburgische Seenplatte | 35 Tage 26.02.-01.04.2022 | 30 Tage 15.04.-14.05.1994 | 1951 |
Schwinkendorf | Mecklenburgische Seenplatte | 37 Tage 26.02.-03.04.2022 | 34 Tage 22.07.-24.08.1995 | 1951 |
Varchentin | Mecklenburgische Seenplatte | 35 Tage 26.02.-01.04.2022 | 33 Tage 23.07.-24.08.1995 | 1969 |
Auf die Fläche des Landkreises gesehen ergab die Auswertung, dass die Seenplatte die längste niederschlagsfreie Phase seit 1943 erlebte. In jenem Jahr ereignete sich, übrigens etwa zur selben Jahreszeit, eine ebenfalls circa 36 bis 37-tägige Dürre in der Gegend.
Die Trockenperiode aus dem Jahr 1943 im Bereich Mecklenburgische Seenplatte
Altentreptow: 36 Tage; 19.02. bis 26.03.1943
Feldberg: 36 Tage; 19.02. bis 26.03.1943
Penzlin: 37 Tage; 19.02. bis 27.03.1943
Waren/Müritz: 37 Tage; 19.02. bis 27.03.1943
Auch die Perioden im Frühjahr 1893 und Herbst 1920 kommen zwischen Waren und Neubrandenburg an das diesjährige Ereignis heran beziehungsweise übertreffen es um ein paar Tage. Damals trat die komplette Abwesenheit von Niederschlag über einen derart langen Zeitraum auch verbreiteter statt nur an einzelnen Orten auf.
In den anderen Landesteilen wurden die Rekorde in der hier ausgewerteten Kategorie nicht angetastet.
Die folgende Grafik zeigt die mittlere Länge von Trockenperioden im Frühling (März bis Mai) für die einzelnen Jahrzehnte seit 1961 im östlichen Deutschland. Sie schwankt zwischen 5 Tagen und fast drei Wochen.
