Am Abend des 14. Juni (Donnerstag) war es soweit. Vielerorts gab es die ersten Regentropfen im Statistik-Sommer 2023 (Jun/Jul/Aug) zu vermelden. Zuvor hatte es am 23. Mai geregnet, mancherorts nennenswert sogar seit dem 06. Mai (z.B. Rostock/Schwerin) oder ganz lokal 28. April (Feldberger Seenlandschaft) nicht mehr.
Der Geruch nach frischer, regengetränkter Luft war nach der langen „Durststrecke“ (vor allem für Natur/Land- und Forstwirtschaft) ein besonderer Moment.
Über Wochen dominierten Hochdruckgebiete über dem Nordatlantik / den Britischen Inseln und über Skandinavien und dem Baltikum. Regenbringende Tiefdruckgebiete hatten keine Chance zu uns vorzudringen und auch regionale Schauer/Gewitter blieben in der trocken-stabilen Luftmasse aus. Der Ausweg wurde schließlich durch ein kleines, recht unscheinbares Höhentief von Osteuropa her geschafft. Es führte zum 14./15. Juni schauerartige Regenfälle über die Ostsee nach MV. Vom 16. bis 18. Juni (Freitag bis Sonntag) kommt es im Einflussbereich des Tiefs in labiler Luftmasse im Binnenland noch zu weiteren Regengüssen und lokalen Gewittern.
Der Hochdruck über Nordeuropa scheint nun erstmal nachhaltig abgebaut. In der nächsten Woche dominiert eine feuchtschwüle und sehr warme Luftmasse mit Schauer- und Gewitterpotenzial. Weitere Niederschläge sind also abzusehen, wobei fortwährend flächiger Landregen ausbleibt und dadurch die Trockenheit erstmal nicht durchgreifend gelindert wird.
Der Blick auf die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis Freitag, 22 Uhr (16. Juni). Während nur 1-2 l/m² im äußersten Westen von Mecklenburg fielen und etwa 5-7 l/m² in Rostock, sind durch teils mehrfache Treffer von Starkregenschauern/Gewittern lokal 20-50 l/m² vom LK Ludwigslust-Parchim über die Seenplatte bis Uecker-Randow zusammengekommen.

Niederschlagsmengen der Stationen vom 15.06. und 16.06.2023 (jeweils 08-08 Uhr)


Statistik und Einordnung – Wie lange dauerte die Trockenperiode?
Mit den Regenfällen am Freitag und jetzt am Wochenende hat fast überall statistisch gesehen die Trockenperiode ein vorläufiges Ende gefunden. Doch für den Boden sind ein paar Liter Regen nach wochenlanger Trockenheit natürlich längst nicht genug. Zur Einordnung: In Rostock sind bisher im Sommerhalbjahr, also seit dem 01. April, nur etwa 36-37 l/m² gefallen. Normal nach dem Klimamittel wären bis zum 15. Juni rund 115 l/m². Je nachdem wie sich die Wetterlage und die Niederschlagstätigkeit in nächster Zeit und über den gesamten Sommer entwickelt, wird die Dürre ein Thema bleiben.
Nun aber auf die reinen Zahlen geblickt. Im Folgenden die Top 3 der Orte in M-V mit der längsten Serie an Tagen ohne Niederschlag in der aktuellen Trockenperiode. Es wurde also das strenge Kriterium angelegt, wonach überhaupt kein messbarer Niederschlag „erlaubt“ ist.
In den meisten Regionen gab es 22 Tage in Folge ohne Regen. Im kleinen Örtchen Bernitt im westlichen Landkreis Rostock waren es sogar 39 Tage. Dort existiert eine Messreihe seit 1888. Der bisherige Rekord von 37 Tagen (16.02.-24.03.1943) ist damit überboten worden.
Auswahl Orte in MV- Dauer der Trockenperiode (Serie der Tage mit 0,0 l/m²)
Bernitt (LK Rostock): 39 Tage (07. Mai – 14. Juni)
Schwinkendorf bei Teterow: 30 Tage (16. Mai – 14. Juni)
Kratzeburg-Granzin (LK Seenplatte): 30 Tage (16. Mai – 14. Juni)
…
Rostock: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Schwerin: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Greifswald: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Boizenburg: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Boltenhagen: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Arkona/Rügen: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Ueckermünde: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Waren/Müritz: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Feldberg/Mecklenburg: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Eine andere gängige Variante zur Operationalisierung ist die Betrachtung der Tage in Folge mit höchstens 1,0 l/m². Hintergrund ist, dass ein einzelner kurzer Schauer oder etwas Sprühregen mit geringen Niederschlagsmengen im Bereich 0,1 bis 1 l/m² quasi keinen Effekt für Erdboden und Wasserhaushalt haben und somit kaum etwas gegen sich einstellende oder bestehende Trockenheit bewirken, da das Wasser überhaupt nicht relevant in den Boden eindringt. Dafür sind ergiebigere und vor allem länger anhaltende Niederschläge notwendig. Somit wird man mit dem Grenzwert für das Enden einer Trockenperiode bei Tagessummen von 1,0 l/m² den Auswirkungen für Natur und Landwirtschaft schon etwas besser gerecht, wobei ein bis zwei Tage mit beispielsweise 2 oder 3 l/m² natürlich auch noch nicht der große Wurf sind.
In dieser Kategorie liegt die Region um Feldberg vorne. Dort musste man seit dem 29. April und damit 47 Tage auf nennenswerten Niederschlag warten. Aber auch in den größeren Städten wie Rostock und Schwerin wuchs die Serie auf beachtliche 39 beziehungsweise 40 Tage an.
Feldberg stellte für seinen Standort einen neuen Rekord auf. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen dort im Jahr 1899 thronte bisher die Trockenperiode vom 24.03. bis 06.05.2007 (44 Tage) an der Spitze. In der Landeshauptstadt war eine neue Höchstmarke auch nicht fern: Mit der Serie von 40 Tagen ohne Niederschlag >= 1,0 l/m² fehlten nur noch 4 Tage zum Einstellen des Rekordes aus 2007.
Auswahl Orte in MV- Dauer der Trockenperiode (Serie der Tage mit <= 1,0 l/m²)
Feldberg/Mecklenburg: 47 Tage (29. April – 14. Juni)
Schwerin: 40 Tage (06. Mai – 14. Juni)
Bernitt (LK Rostock): 40 Tage (06. Mai – 14. Juni)
Schwinkendorf bei Teterow: 40 Tage (06. Mai – 14. Juni)
Rostock: 39 Tage (07. Mai – 14. Juni)
Waren/Müritz: 30 Tage (16. Mai – 14. Juni)
Kratzeburg-Granzin (LK Seenplatte): 30 Tage (16. Mai – 14. Juni)
…
Greifswald: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Boizenburg: 23 Tage (23. Mai – Ende noch offen)
Boltenhagen: 22 Tage (24. Mai – Ende noch offen)
Arkona/Rügen: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Ueckermünde: 22 Tage (24. Mai – 14. Juni)
Die Karten zeigen für bestimmte Orte die Rekordmarken für die längste Trockenperiode seit Aufzeichnungsbeginn des Niederschlages. Die neuen Rekorde in Bernitt und Feldberg sind bereits eingetragen.
Insgesamt ist zu bilanzieren, dass die Rekorde flächig gesehen bestehen bleiben. So gab es zum Beispiel 1992 von etwa Mitte Mai bis Ende Juni verbreitet 48-49 Tage komplett ohne messbaren Regen in Nordvorpommern!
In Ostvorpommern gab es zwei Jahre später eine beachtliche Trockenperiode und sorgte für die dortigen Rekorde. In Anklam fehlte Niederschlag 42 Tage hintereinander im Wettergeschehen (30.06.-10.08.1994).
Im Süden und vor allem Südwesten Mecklenburgs stammen die Höchstmarken aus dem Jahr 1920. Bis zu 44 Tage dauerte der komplett trockene Zeitraum vom 01. Oktober bis 13. November. Legt man das Kriterium >= 1 l/m² an, findet sich öfters auch die Spätsommer-/Herbst-Trockenheit 1959 mit einer Länge von bis zu 53 Tagen. Im Bereich Rostock und teils in der Landesmitte liegt die längste Trockenperiode 26 Jahre zurück und erreichte etwa 35-37 Tage. Der Januar 1996 war ein extrem ruhiger Hochdruckmonat mit viel Nebel und Hochnebel und teils etwas Sprühregen oder Schneegriesel, doch messbarer Niederschlag kam nicht zusammen.
In Nordwestmecklenburg, schwerpunktmäßig in der Gegend um den Klützer Winkel, geht der Blick ins Frühjahr 1980. Zum Beispiel in Boltenhagen blieb Niederschlag vom 28. April bis 29. Mai und damit 32 Tage lang außen vor.
Weitere sehr lange Trockenphasen, welche mancherorts bis heute unübertroffen sind, ereigneten sich in den Jahren 1893, 1894, 1928 und 1943.
Links = Kriterium 0,0 mm / rechts = Kriterium <= 1,0 mm (Klick in die Karte für Vergrößerung!)


Ergänzend noch folgender Twitterbeitrag mit Auswertung der Niederschlagssummen vom 01. April bis 10. Juni für Ueckermünde und Warnemünde. In den über 100-jährigen Messreihen finden sich nur 1-3 weitere Jahre mit ähnlich trockenen Verhältnissen im betrachteten Zeitraum.
In Warnemünde (Messreihe ausgewertet seit 1920) fielen seit 01. April 31,6 l/m². Zu erwarten wären gemäß Klimamittel im Zeitraum 01.04. bis 10.06. 100-105 l/m². Eine ähnlich starke Frühjahrs-/Frühsommer-Dürre gab es im Ostseebad nur 1974 (26,6 l/m²) und 1934 (35,8 l/m²).
Zu Ueckermünde:
Die Auswirkungen der Trockenheit wurden vielfältig sichtbar bei uns in Mecklenburg und Vorpommern. Feldern, Wäldern, Gärten und Gewässern fehlt Wasser. Bis zu 20 cm tief trocknete die Bodenschicht unter Gras nahezu vollständig aus. Die Waldbrandgefahr verharrte tagelang auf zweithöchster bis höchster Warnstufe. Mehrere Wald- und Flächenbrände entstanden, z.B. auf der Insel Usedom und die größten bei Hagenow und auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen.
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