Das Wetterjahr 2023 war an der Rostocker Küste geprägt durch milde Wintermonate Januar und Februar, außergewöhnliche Trockenheit und Sonnenscheinüberschuss im Frühsommer, einer rekordnassen Phase zum Jahresende und und immerhin einer markante Kälteperiode im November/Dezember. Außerdem sorgten Polarlichter in mehreren Nächten für ein Spektakel am Himmel.
Ein erster Kurzüberblick mit den wichtigen Messwerten und Datenauswertungen:
Mit einer Jahresmitteltemperatur von 10,85°C in Warnemünde fiel auch 2023 deutlich überdurchschnittlich aus. Die Abweichung gegenüber dem Referenzmittel der Periode 1961-1990 lag bei rund +2,5 K, jene im Vergleich zur Periode 1991-2020 bei etwa +1,1 K. Nur das Jahr 2020 (11,01°C) war wärmer, 2019 (10,84°C) in etwa gleich auf. 2023 ist seit 2014 das 10. Jahr in Folge, welches überdurchschnittlich auch gegenüber dem neueren 30-Jahres-Mittel von 1991-2020 abschließt.
Der Monat mit der höchsten Durchschnittstemperatur war der August mit 18,3°C (+1,6 K ggü 1961-1990). Knapp dahinter lagen jedoch schon September (18,3°C) und Juli (18,2°C). Als kältester Monat in 2023 ging der Februar mit 3,7°C (+3,0 K ggü 1991-2020) aus der Bilanzierung hervor, obwohl auch er markant zu mild ausfiel. Der April, Juli und August endeten unterdurchschnittlich gegenüber dem „neuen“ Klimamittel von 1991-2020. Im Vergleich zu 1961-1990 lassen sich ausschließlich positive Abweichungen feststellen.
Das absolute Temperaturmaximum von 33,1°C datiert auf den 15. Juli. 2023 war somit ein Jahr ohne Schwerhitze/Wüstentage (>=35,0°C). Das Jahresminimum ist am 30. November mit -5,3°C registriert worden und fiel vergleichsweise mild aus.
Zum Parameter Niederschlag lässt sich kurz zusammenfassen: Es war ein Jahr mit Niederschlagsüberschuss, vom 01. Januar bis 31. Dezember summierten sich 692,4 l/m². Das Klimamittel von 1961-1990 mit 589 l/m² (118 %) sowie auch 1991-2020 mit 616 l/m² (112 %) ist recht deutlich übertroffen worden. Die höchste Tagesmenge fiel am 24. Juli mit 41,2 l/m² durch ein starkes sommerliches Gewitter. Für 190 Tage ist messbarer Niederschlag verzeichnet, an 128 Tagen gab es mindestens 1,0 l/m² – beide Werte übersteigen das Klimamittel (+15 Tage / +16 Tage). Die Schneefalltage blieben mit der Anzahl von 29 dagegen unter der Klimanorm (37). Hier „rettete“ der Frühwinter die Bilanz jedoch noch etwas: Vom 26. November bis 06. Dezember schneite es täglich.
Die Sonne zeigte sich im abgelaufenen Jahr rund 1931 Stunden und damit etwa 120 Stunden mehr als im 30-Jahresmittel von 1991-2020 (1812 h). Die Referenzperiode 1961-1990 liegt in einer trüben Ära und bringt es auf 1687 h. 2023 war somit ein sonnenscheinreiches Jahr. Insgesamt zeigte sich die Sonne an exakt 294 Tagen.
Die Analyse der Winddaten zeigt, dass 2023 diesbezüglich als ein sehr durchschnittliches Jahr einzuschätzen ist. Im Mittel wehte der Wind mit 4,7 m/s (= 16,9 km/h / BFT 3). Die Spitzenböe betrug 108,7 km/h und datiert auf den 22. Dezember (Sturmtief ZOLTAN).
Die Anzahl der Gewittertage lag mit 18 im Bereich des Erwartbaren. Nebel trat nur an 16 Tagen auf – neuer Minimumrekord für Warnemünde (bisher: 17 in 2003).
Es ereigneten sich im abgelaufenen Jahr 2 Sturmhochwasser (25.02.: 1,06 m / 20.10.: 1,48 m) und 2 markante Niedrigwasser (15.01.: -1,05 m / 23.11.: -1,40 m).
Chronologie des Wettergeschehens in 2023
Nun eine kleine Reise durch das Wetterjahr 2023 mit den herausragenden und außergewöhnlichsten Ereignissen:
Knapp 16°C in der Nacht – Januar startet mit kuriosem Wetterrekord
Der Jahreswechsel 2022/23 war der mildeste aller Zeiten. In Warnemünde waren es 14,6°C um exakt 00 Uhr. Und damit war schon in den ersten Minuten des Jahres ein neuer Temperaturrekord für den Monat Januar aufgestellt – mitten in der Nacht! Was für ein irrer Auftakt in 2023 aus meteorologisch-klimatologischer Sicht! Gegen 04 Uhr ging es mit der Lufttemperatur noch etwas aufwärts bis zur absoluten Spitze von 15,8°C. Die alte Höchstmarke aus dem Januar 2020 wurde gleich um 1,6 K übertroffen.
Die 5 höchsten Januar-Tagesmaxima (seit 1947) | |
15.8 °C | 01.01.2023 |
14.2 °C | 15.01.2020 |
14.0 °C | 10.01.2005 |
13.6 °C | 02.01.2023 |
13.3 °C | 09.01.2007 |
SW-Sturm und Niedrigwasser am 15. Januar
Ablandiger stürmischer Wind aus SW sorgte am 15.01.2023 für markante Niedrigwasserstände an der mecklenburgischen Ostsee. Der Pegel in Warnemünde meldete zeitweise 1 m unter normal.
Beeindruckende Polarlichter am 26./27. Februar und 24./25. September
MV erlebte im Jahr 2023 gleich mehrere Abende und Nächte mit fotografisch sichtbarem Polarlicht. Besonders intensiv und teils mit bloßem Auge erkennbar erschien die Aurora Borealis im Raum Rostock und Warnemünde in der Nacht vom 26. zum 27.02.2023 sowie 24. zum 25.09.2023. Bei optimalen Wetterbedingungen mit klarem Himmel fing Hobbyfotograf Christian Hering-Junghans diese spektakulären Bilder ein.
Zum zweiten Ereignis berichtete er:
Am 24. September 2023 gegen 22 Uhr zeigten die Satellitendaten an, dass ein Sonnensturm die Ostsee erreicht hatte. Aus den Daten war zu erkennen, dass es zu einem wenigstens fotografischen Polarlicht reichen sollte.
„Ich fuhr also nach Wilhelmshöhe und konnte bei meiner Ankunft nur einen schwach leuchtenden Bogen am nördlichen Horizont wahrnehmen. Dieser Bogen stieg dann bis ca. 1 Uhr morgens immer höher und erste Strahler zeichneten sich ab, wobei auf der Kamera auch schon Rottöne wahrnehmbar waren. Ab 1 Uhr ging dann das eigentliche Spektakel los, die Strahler reichten sehr weit in über den Horizont und zum ersten Mal konnte ich das Rot auch wirklich mit bloßem Auge wahrnehmen. In Kombination mit der Steilküste am Geinitzort ergaben sich einzigartige Perspektiven. Bis 2 Uhr nahm die Aktivität dann sukzessive ab, jedoch war die Hauptshow jede verpasste Minute Schlaf wert!„, so der Rostocker Fotograf Christian Hering-Junghans, der uns seine Fotos der Polarlichter zuschickte.
April-Kühle: Ein Monat stemmt sich gegen den Erwärmungstrend
Nach 2021 und 2022 fiel auch 2023 (7,7°C) der vierte Monat des Jahres wieder zu kalt aus – zumindest wenn das neuere 30-Jahresmittel 1991-2020 (8,4°C) herangezogen wird. Statt der bereits ersehnten Frühlingswärme gab es selbst in der städtisch geprägten „Küstenwärmeinsel“ Warnemünde noch 3 Frosttage – so viele im April wie seit 2013 und davor 1996 nicht mehr – und viele Tage mit Höchstwerten unter 10°C. Am 22. April kamen die Frühlingsgefühle dann aber auf – mit 22,5°C wurde der erste warme Tag des Jahres gemessen.
Die Trockenheit im Mai und Juni
Wochenlang kein nennenswerter Regen und ausgedorrte Felder und Wiesen. Eine außergewöhnliche Frühjahrs-/Frühsommerdürre prägte insbesondere den Mai und die erste Hälfte vom Juni 2023. In Rostock fielen vom 07.05 bis 13.06. nur an 3 dieser 39 Tagen ein paar Tropfen und an keinem Tag mindestens 1,0 l/m².
Über Wochen dominierten Hochdruckgebiete über dem Nordatlantik / den Britischen Inseln und über Skandinavien und dem Baltikum. Regenbringende Tiefdruckgebiete hatten keine Chance zu uns vorzudringen und auch regionale Schauer/Gewitter blieben in der trocken-stabilen Luftmasse aus.
Näheres ist in folgendem Artikel nachzulesen:
Morgendliche Gewitterfront am 12. Juli
Das wohl optisch spektakulärste Wetterschauspiel des Jahres zeigte sich am Morgenhimmel des 12.07.2023. Von SW zog eine Gewitterfront mit Shelfcloud genau zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs herein und die bedrohlichen Wolken wurden phänomenal angestrahlt.
Webcam-Bilder Hotel Neptun
Webcam-Bilder DWD-Wetterkamera
Das Starkregenunwetter am 24. Juli
In feuchtlabiler Luftmasse und bei recht schwachen Luftdruckgegensätzen entwickelten sich auf der Vorderseite des Skandinavientiefs UNAI am gestrigen Montag (24. Juli 2023) einige markante Gewitter über Mecklenburg-Vorpommern. Das stärkste Ereignis traf ausgerechnet genau die Rostocker Küste. Zwischen 19:00 und 20:30 Uhr fielen 30 bis punktuell 40 l/m² im Bereich Warnemünde, Diedrichshagen und Elmenhorst. Die Folge waren kleinere Überschwemmungen, einzelne vollgelaufene Keller sowie Wassereinbruch in Untergeschoss-/Souterrainwohnungen.
Näheres ist in folgendem Artikel nachzulesen:
Sommersturm ZACHARIAS am 07. August 2023
Eine für die Jahreszeit ungewöhnliche Sturmwetterlage sorgte zu Beginn der 2. Augustwoche für kräftige Regenfälle, starken Wind, hohen Seegang und somit klassisch ungemütliches „Schietwedder“ mitten in der besten Urlaubszeit. In Warnemünde erreichte die Spitzenböe 81 km(h (Bft 9), der Mittelwind aus West schaffte es auf 63-64 km/h (Bft 8). Insgesamt kam es doch deutlich glimpflicher als viele Modellszenarien wenige Tage vorher berechneten. Orkanartige Böen erschienen denkbar. Nennenswerte Schäden traten letztendlich nicht auf.
Der Septembersommer
Nachdem der Hochsommer im Juli/August doch einige längere „Durststrecken“ hatte und windige/nasse und kühle Phasen besonders den Urlaubern zusetzten, drehte der Sommer spät nochmal richtig auf. Der September brachte in Warnemünde 9 Tage mit mindestens 25,0°C und damit so viele Sommertage wie noch nie seit Aufzeichnungsbeginn 1947 im neunten Monat des Jahres. Auch bezüglich der Mitteltemperatur (18,3°C, +3,3 K ggü 1991-2020) stellte der September einen neuen Höchstwert im Ostseebad auf.
Das Sturmhochwasser am 20./21. Oktober
Vom 19.-21.10.2023 wurde die Ostsee infolge eines schweren langanhaltenden Oststurms von einem außergewöhnlichen Hochwasserereignis heimgesucht. An der schleswig-holsteinischen und dänischen Küste musste sogar die schwerste Sturmflut seit über 100 Jahren bilanziert werden. In Warnemünde waren die Auswirkungen aufgrund der Anströmung und im Windschatten vom Darß und Rügen überschaubar, dennoch war es mit 1,48 m über Normalmittelwasserstand das höchste Sturmhochwasser im Oktober seitdem überhaupt Pegeldaten vorliegen (seit 1872).
Der Warnemünder Strand wurde überspült, es bildeten sich kleine Sandinseln inmitten des Ostseewassers. Auf der Westmole peitschten die Wellen über die Felsen, am Alten Strom schwappte das Wasser zumindest leicht über die Ufer.
Näheres ist in folgendem Artikel nachzulesen:
SW-Sturm und Niedrigwasser am 23. November
Ein weiteres und diesmal sogar noch markanteres Niedrigwasserereignis datiert auf den 23. November. Erneut sorgte ein stürmischer W/SW-Wind vorderseitig einer kräftigen Zyklone dafür, dass das Ostseewasser an der deutschen Küste von den Ufern weggedrückt wurde. In Warnemünde sank der Pegel letztendlich bis auf 1,40 m unter Normalmittelwasserstand. Einen solch niedrigen Wasserstand gibt es an der Rostocker Küste nur etwa alle 15 Jahre. Selbst weit vorne an der Westmole war Ebbe.
Frühwinter mit viel Schnee Ende November/Anfang Dezember
In Skandinavien winterte es in Schweden/ Finnland sowie auch im Baltikum bereits im November ein und in den letzten Tagen des Monats erfolgte ein markanter Wintereinbruch auch in Mecklenburg-Vorpommern. Ein kleines von der Nordsee südwärts ziehendes Tief brachte auch gleich ordentlich Schnee dazu. Es folgte ein winterlicher Witterungsabschnitt von gut 10 Tagen. Vom 29.11. bis 09.12. lag eine geschlossene Schneedecke in Warnemünde mit einem Maximum von 15 cm am 07.12., welches die größte Schneehöhe im Küstenort seit Ostern 2018 darstellt.
Sturm ZOLTAN am 21./22. Dezember
Der stärkste Sturmereignis des Jahres traf Warnemünde kurz vor Weihnachten. Am 21. Dezember näherte sich das Orkantief ZOLTAN vom Nordatlantik her und zog mit seinem Zentrum über Dänemark und Südschweden ins Baltikum. Das Hauptsturmfeld, aufgeplusterter Gegenspieler über SW-Europa war das mächtige Hoch GUSTI, erfasste ab den Abendstunden auf die Ostsee. In Warnemünde registrierte die Messtechnik eine Spitzenböe von 108,7 km/h (orkanartig, Windstärke 11). Der Sturm hielt vergleichsweise lange an und kam am 22. Dezember auflandig aus NW. Es wurde mit knapp 65 km/h (Windstärke 8) sogar das zweithöchste Tageswindmittel im Dezember seit Beginn der Messreihe 1967 verzeichnet und das sechsthöchste insgesamt unabhängig vom Monat.
Die 10 höchsten Tages-Windmittel
20.6 m/s | 06.12.2013 |
19.4 m/s | 17.11.1971 |
19.1 m/s | 11.03.1971 |
19.0 m/s | 11.01.1968 |
18.4 m/s | 05.02.1999 |
18.2 m/s | 22.12.2023 |
18.0 m/s | 07.09.1985 |
17.7 m/s | 08.12.1971 |
17.6 m/s | 15.09.1977 |
17.5 m/s | 27.03.1961 |
Regenzeit zum Jahresausklang
Nachdem zum Start in den Sommer 2023 Trockenheit das große Thema war, drehte es sich im Herbst in das andere Extrem um. Der Oktober war in Warnemünde mit 111,3 l/m² der nasseste seit Beginn der Niederschlagsmessreihe 1901. Auch November und Dezember fielen überdurchschnittlich nass aus, sodass der 3 Monatszeitraum Okt.-Dez. mit 274,2 l/m² ebenfalls als niederschlagsreichster seit Aufzeichnungsbeginn vor 121 Jahren abschloss. Zur Einordnung: Im langjährigen Mittel summieren sich über diesen Zeitraum etwa 147 l/m².
Mess- und Beobachtungsdaten zum Jahr 2023 / Wetterwarte Warnemünde
Übersicht Jahresverlauf – verschiedene Parameter
Die Verläufe der verschiedene Parameter als grafische Darstellung mit Extremwerten. Klick ins Bild zur Vergrößerung.
Diagramme 2023
- Temperaturverlauf
2. Vergleich Monatsdaten von Temperatur/ Niederschlag / Sonnenschein / Wind mit Klimamittelwerten der Referenzperioden
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Es ist toll, das Wetterjahr durch deinen Bericht, deine Daten, Bilder und Diagramme noch einmal zu durchlaufen und in Erinnerung zu rufen. Da steckt echt viel Mühe und Herzblut drin 👍
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