
Kirchdorf ist ein Hafenort auf der Ostseeinsel Poel (LK
Nordwestmecklenburg) und hat etwa 2000 Einwohner. Der Ort befindet sich etwa 11
km nördlich der Hansestadt Wismar am Nordufer des Kirchsees, einer weit in die
Insel Poel einschneidenden Bucht der Ostsee.
Poel ist über einen Damm mit dem Festland verbunden und aufgrund der geringen
Entfernungen zum Hinterland sowohl in südlicher wie östlicher und westlicher
Richtung vergleichsweise häufig von kontinentalen Luftmassen geprägt.
Die Wetteraufzeichnungen in Kirchdorf auf Poel begannen
bereits im September 1852. Somit handelt es sich um eine der ältesten Stationen
Mecklenburg-Vorpommerns, nur in Rostock (1832) und Schwerin (1849) liegen die
ersten Beobachtungen noch länger zurück. Zudem weisen in MV auch die
Klimastationen Putbus (Rügen) und Marnitz bei Parchim über 150-jährige
Beobachtungsreihen auf.
Kurz nachdem das Königlich Preußische Meteorologische Institut 1847 in Berlin
gegründet wurde (von Alexander von Humboldt), erfolgte die Einrichtung der
meteorologischen Station in Kirchdorf am 01.09.1852 im Poeler Pfarrhaus. Das
Messprogramm umfasste zunächst Temperatur, Niederschlag und Luftdruck. 1887
erfolgte die Aufstockung der Messgeräte durch eine Fensterhütte mit mehreren
Thermometern, Barometern, Haarhygrometern und einer Windfahne. 1902 kam es dann
zur Verlegung der Station in die Küsterei (heutiges Heimatmuseum). Damit
verbunden war die Aufstellung der klassischen englischen Wetterhütte. Darunter
versteht man einen Lamellen-Kasten aus Holz, in welchem Temperatur- und
Feuchteregistrierungen erfolgen. Strahlungsschutz und Ventilation sind somit
gegeben.
Zehn Jahre später gab es eine weitere Stationsverlegung innerhalb Kirchdorfs in den Postgarten. Im Jahre 1945, nach Kriegsende, brach die lange Poeler Beobachtungsreihe zunächst ab.
Im Oktober 1946 wurden die Niederschlagsmessungen jedoch wieder aufgenommen. Die Suche nach einem passenden Standort für eine Klimastation 3. Ordnung erwies sich als schwierig. Letztendlich wurde die Station dann auf einem großen Gartengrundstück in der Schulstraße errichtet und ab 01.08.1955 liegen wieder vollständige Beobachtungen und Messungen vor. Seitdem hat es keine Stationsverlegungen mehr gegeben.
Am 25.09.2002 fand anlässlich des 150jährigen Jubiläums der Klimastation Kirchdorf eine Feierstunde statt. Zehn ehrenamtliche Beobachter haben seit 1852 die Wetterdaten gesammelt und somit diese wertvolle Messreihe ermöglicht.
Zum Juli 2004 erfolgte die Umstellung auf automatischen Betrieb durch die Ausstattung der Station mit dem PT 100 (Lufttemperatur) und Pluvio zur Niederschlagsmessung. Bis dahin mussten vom Wetterbeobachter morgens, nachmittags und abends zu festgesetzten Zeiten verschiedene Werte abgelesen werden. Regen und Schnee wurden in einem Niederschlagsmesser aufgefangen, weiterhin gehörten Angaben zur Windstärke, Wolkendichte, Bodenbeschaffenheit sowie Nebel, Tau, Reif, Gewitter usw. zum Programm. Dem Wetteramt Warnemünde wurde dann eine Zusammenstellung aller Daten gesandt, welche zu wissenschaftlichen Auswertungen auch an die Hauptwetterdienststelle Potsdam ging.
Stationsstandort/Bilder:
Die Station befindet sich auf 12 m ü NN am nordwestlichen Ortsrand von Kirchdorf auf einem großen Gartengrundstück etwa 2 km von der Ostsee entfernt.
Unmittelbar östlich des Messfeldes stehen recht hohe Bäume, wie auf den Luftbildern schon zu erahnen war. Hier ist der Abstand ungewöhnlich gering. Gerade bei südöstlicher Windrichtung steht der Temperaturmesser sehr geschützt, sodass sich die Wärme stauen kann. Deshalb ist eine Homogenität der Messreihe nicht gegeben, die steigenden Temperaturwerte sind teilweise den im Laufe der Jahre veränderten Umgebungsbedingungen geschuldet.

Gemessen wird hier das Wst-III-Standardprogramm (Lufttemperatur in 2 m + 5 cm über Erdboden, Luftfeuchte und Niederschlag). Im Winterhalbjahr wird durch eine ehrenamtliche Beobachterin die Schneehöhe ermittelt.
Klima/Extremwerte:
Rekordwerte der Station (seit 1852):
Wärmstes Jahr: 10,6°C 2014
Kältestes Jahr: 6,0°C 1864
Wärmster Monat: 21,9°C im Juli 2006
Kältester Monat: -10,0 °C im Februar 1929
Maximale Temperatur: 37,1 °C am 31.07.2018 und 36,6°C am 07.08.2018* => um 1 bis 1,5 K zu hoch / 35,9°C am 09.08.1992
Minimale Temperatur: -27,8 °C am 18.01.1893
Maximaler Niederschlag Tag: 96,6 mm am 09.06.1950
Maximaler Niederschlag Monat: 229,3 mm im August 1963
Maximaler Niederschlag Jahr: 845,0 mm im Jahr 2002
Minimaler Niederschlag Jahr: 379 mm im Jahr 1971
Maximale Schneehöhe: 49 cm im Februar 1940
Langjährige Mittelwerte Temperatur
1901-1950: Jahresmittel von 8,2°C
1951-1980: Jahresmittel von 8,5°C
1981-2010: Jahresmittel von 8,9°C
Langjährige Mittelwerte Niederschlag: 1961-1990 571,0 mm
Presseartikel zur Poeler Wetterbeobachtung:
file:///D:/Downloads/PIB_303_Januar_2016%20(5).pdf
https://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Wismar/Poelerin-lebt-fuer-das-Wetter
So unscheinbar wirkt die Station heute und doch ist Sie so alt & wertvoll. Vielen Dank für die umfangreiche Stationsgeschichte bzw. die Bilder.
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