
Quelle: https://www.wetterkontor.de/de/wetterlage.asp
Am letzten Märzwochenende stand ein veritabler Wettersturz ins Haus. Über dem Atlantik plusterte sich das mächtige Hoch KEYWAN auf und erreichte einen stolzen Kerndruck von bis zu 1055 hPa.
In der Folge setzte ab der Nacht zum Sonntag (29.03.) eine kräftige Nordströmung ein, mit welcher arktische Polarluft auf ziemlich direktem Wege bis nach Mecklenburg-Vorpommern gelangte. Durch einen eingelagerten Bodentrog ging der Wetterwechsel von Sonne pur und immerhin 8-14°C am Samstag zu 2-5°C am Sonntag mit Niederschlägen und Sturm einher. Der Nord- bis Nordostwind erreichte in den Frühstunden Stärke 7-8 an der Küste, in exponierten Lagen wurden schwere Sturmböen der Stärke 10 registriert. Dies sorgte für deutlich steigende Wasserstände entlang der Ostseeufer. Verbreitet wurde die Sturmflutmarke von 1,00 m erreicht, in den Buchten sind Maximalwerte von 1,40 bis über 1,50 m über normal gemeldet worden (= leichte bis mittlere, vereinzelt sogar schwere Sturmflutkategorie). Der Höhepunkt war zwischen 08 und 12 Uhr erreicht.
Maximale Pegelstände in M-V + angrenzende Orte / 29.03.2020
Abw. vom MWST | Uhrzeit Höchststand | Sturmflutkategorie | |
Travemünde | 1,51 m | 10:00 Uhr | schwer |
Lübeck | 1,57 m | 10:05 Uhr | schwer |
Wismar | 1,47 m | 09:26 Uhr | mittel |
Warnemünde | 1,16 m | 11:45 Uhr | leicht |
Rostock-Mühlendamm | 1,33 m | 11:16 Uhr | mittel |
Stralsund | 1,14 m | 10:25 Uhr | leicht |
Sassnitz | 0,89 m | 09:30 Uhr | leicht |
Greifswald-Wieck | 1,31 m | 09:50 Uhr | mittel |
Karlshagen / Usedom | 0,98 m | 11:10 Uhr | leicht |
Ueckermünde | 0,60 m | 15:51 Uhr | leicht |

Quelle: https://pegelonline.wsv.de/gast/start;jsessionid=6B639A759363FF713B40CED19048664E
Einteilung Sturmfluten an der deutschen Ostseeküste
-4 Klassen-
leichte Sturmflut: 1,00 bis 1,25 m über mittl. Wasserstand
mittlere Sturmflut: 1,25 bis 1,50 m über m. WS
schwere Sturmflut: 1,50 bis 2,00 m über m. WS
sehr schwere Sturmflut: mehr als 2,00 m über m. WS
Zur weiteren Einordnung: Die schwere Sturmflut vom 02.Januar 2019 erreichte in Wismar 1,91 m, in Rostock 1,83 m und in Warnemünde 1,67 m über normal. Damit erreichte dieses Ereignis eine deutlich höhere Größenordnung und verursachte zahlreiche Schäden.
Die erste Sturmflut in diesem Jahr war am 05.Februar 2020, erreichte einen Maximalstand von 1,21 m in Wismar und fiel damit schwächer aus als die jetzige.
Spitzenböen M-V 29.03.2020
Videos aus Warnemünde vom 29.03.2020- überspülter Strand und Wellen an der Westmole
Neben Sturm und Hochwasser war der Niederschlag die dritte spannende Komponente am Sonntag- Morgen. Zunächst fiel bei sinkenden Temperaturen verbreitet leichter Regen, ab 07-08 Uhr ausgehend von der vorpommerschen Küste Schneeregen. Bis zum Mittag breitete sich das Niederschlagsgebiet südwärts aus und dann konnten auch im Binnenland nasse Schneeflocken beobachtet werden. Bei 1-3°C reichte es aber nirgends für eine Schneedecke.
Am Nachmittag lockerte der Himmel rückseitig der Kaltfront von der Ostsee her auf und die Sonne setzte sich in der nun jedoch spürbar „eisigen“ Polarluftmasse durch.
Der Parameter „Taupunkt“ ist dafür ein guter Indikator. Die Karte zeigt verbreitet deutlich negative Werte, was auf eine sehr trockene und kalte Luftmasse hindeutet.

Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/messwerte/mecklenburg-vorpommern/taupunkt/20200329-1500z.html
Mit langsam abflauendem Nordwind ging auch das Ostsee-Wasser Stück für Stück zurück und die Pegelstände normalisierten sich.
Die Auswirkungen der Sturmflut waren überschaubar: In Wismar wurden Straßen in Hafennähe überschwemmt, vielerorts überspülten die Wellen Strände und drückten das Wasser bis an die Dünen und Steilküsten. Auf Poel und bei Boltenhagen stürzten Bäume durch Unterspülungen um und wurden Findlinge aus der Steilwand gerissen.
Mal eine ganz andere Frage, wie sieht das eigentlich mit Sturmhochwasser & Strand bzw. Deichschutz aus in Warnemünde. Ist die Infrastruktur dafür ausreichend auch für zukünftige, vielleicht noch höhere Sturmfluten?
LikeGefällt 1 Person
Im Januar wurde die neue Sturmflutschutzwand am Südende des Alten Stroms eingeweiht, ausgelegt für Wasserstände bis 2,50 m über normal. Selbst 2 m über normal stellt schon ein 170-jähriges Ereignis dar, also äußerst selten. Für den Worst case wäre das Bauwerk allerdings etwas zu niedrig: 2,70 m war der absolute Höchststand im November 1872 ( durch Modulbauweise kann die Wand jedoch noch aufgestockt werden).
Warnemünde ist für „handelsübliche“ Sturmfluten also gut gerüstet, am Nordende des Alten Stroms, wo eine solche Schutzwand nicht existiert, können 1,60-1,70 m (z.B. Anfang Januar 2019) jedoch für einige Geschäfte bereits Land unter bedeuten, deshalb läuft aber eben der Ort noch längst nicht voll Wasser. Dies würde eher über den Südstrom passieren, dort der besondere Schutz.
LikeGefällt 1 Person
Super, vielen Dank für die Antwort 🙂
LikeGefällt 1 Person