In trockenkalten Strahlungsnächten mit kaum spürbarem Wind, so wie es zu Beginn der Woche auch in Mecklenburg-Vorpommern der Fall war, ist der Effekt der sogenannten „Städtischen Wärmeinseln“ zu beobachten.
Dieses Merkmal ist Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte, gerade im Sommer können die Auswirkungen auf die Stadtbewohner bedeutend sein. Es besteht die Gefahr von Hitzestress, selbst nachts kann kaum gelüftet werden, da anders als im ländlichen Umland nur eine geringe Abkühlung einsetzt.

Das Grundprinzip lautet: Urbane Räume können Wärme effektiver speichern. Dazu ein paar allgemeine Erläuterungen (beispielhaft für einen Sommertag):
Die Erwärmung erfolgt tagsüber natürlich durch die Sonnenstrahlung. Vom Erdboden wird diese aufgenommen und dann zur Nacht wieder abgestrahlt. Diese Abfolge funktioniert bei trockener und sauberer Luft sowie klarem Himmel umso besser. In den Innenstädten fördern derweil ein hoher Versiegelungsgrad (viel Stein, Beton etc.), Straßenschluchten und hohe Gebäude die Erwärmung. Die Wärme kann besonders gut absorbiert und gespeichert werden. Fehlende Vegetation sorgt für ausbleibende Kühlungseffekte und dichte, enge Bebauung für „eingeschlossene“ Luft (bei windschwachen Lagen). Die Wärme kann abends nur im geringen Maße nach oben entweichen, die Zirkulation kommt beinahe zum Erliegen, sodass ein Austausch mit kühlerer Luft vom Stadtrand verhindert wird. Zudem stellt auch die stärkere Luftverschmutzung ein Hindernis dar und hemmt die Abstrahlung der Wärme.
Nicht unerheblich ist außerdem die Wirkung der Verdunstungsabkühlung. Nach Niederschlägen halten unversiegelte Flächen (Wiesen, Felder etc.) die Feuchte länger als asphaltierte Flächen in der Stadt, wo das Wasser rasch in die Kanalisation abfließt.
Der Wärmeinseleffekt lässt sich durch Messungen eindeutig bestätigen, die Temperaturunterschiede innerhalb einer Großstadt können in einer Sommernacht durchaus 8 bis 10°C betragen (zwischen Innenstadt und ländlichem Stadtrand). Hier ein Beispiel aus Berlin vom 11.Juli 2006, 01 Uhr:

Mollige 23°C am Alexanderplatz, kühle 15°C in Kaniswall an der südöstlichen Stadtgrenze.
Auch im Winter lassen sich Auswirkungen beobachten. Beispiel: Fällt nasser Schnee bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, so bleibt davon auf dem Land mehr liegen als in der Stadt.
Blicken wir auf ein aktuelles Temperaturbeispiel aus der vergangenen Woche für Rostock und Schwerin.
Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/modellkarten/sui-hd
Betrachtet werden die Tiefsttemperaturen für die frostige Nacht vom 22. zum 23.März. Auf beiden Karten ist der Umriss des Stadtgebietes mit den milderen Werten deutlich zu erkennen.
Im ländlich-dörflichen Umland dagegen: Weniger Bebauung und versiegelte Flächen, mehr Grün => deutliche Auskühlung, Tiefstwerte bis -5°C
Auch innerhalb des Stadtgebietes existieren durch Grünanlagen oder offene Flächen kleine „Kältelöcher“ mit niedrigeren Temperaturen.
Im Fall unserer Landeshauptstadt tritt zudem der Schweriner See deutlich hervor, welcher wie die Ostsee als „Fußbodenheizung“ fungiert und eine deutliche Auskühlung der Luft über der Wasseroberfläche verhindert.
Diese Untersuchung zeigt u.a., dass ein offizieller Messwert für eine ganze Stadt meist nicht repräsentativ ist.
Stadtklimaeffekte werden bspw. im Bauwesen und in der Gesundheitsvorsorge berücksichtigt. Der DWD führt Studien zum besseren Verständnis der Wärmeverteilung innerhalb unterschiedlicher Bebauungsstrukturen durch, die Forschung ist in diesem Bereich längst nicht abgeschlossen.