
Die warme Episode Ende März ließ auf einen schnellen Durchbruch des Frühlings im April hoffen. Doch es kam anders. Beginnend direkt am 01.04., drehte die Strömung nachhaltig auf nördliche Richtungen. Häufig war für die Jahreszeit unterkühlte polare Luft vorherrschend, die Wetterlage blieb eingefahren.
Unter dem Strich resultierte daraus der kälteste April in Mecklenburg-Vorpommern seit 35 Jahren. Das Gebietsmittel betrug 5,8°C. Damit errechnet sich eine Abweichung zur „alten“ Klimareferenzperiode 1961-1990 von -0,9 K. Dies alleine ist schon ungewöhnlich, man muss bis 1997 zurückblicken, um einen zu kalten April gegenüber 1961-1990 zu finden. Seit 1998 wiesen alle April-Monate ein Plus im Verhältnis zum alten 30-Jahre-Mittel auf.
Die negative Abweichung kommt im Vergleich mit der neuen Referenzperiode von 1991 bis 2020 mit -2,6 K noch deutlicher zum Tragen.
Abb. 1 => Die Zeitreihe mit der April-Temperatur im Gebietsmittel für M-V seit 1881:

Auffällig ist, dass die Abweichung zum Klimawert regional unterschiedlich ausfiel. An der Ostseeküste stand in der Endabrechnung lokal sogar ein geringes Plus gegenüber 1961-1990. So betrug die Abweichung beispielsweise am Kap Arkona +0,3 K, auf der Greifswalder Oie sogar +0,8 K. Der Grund ist das, trotz phasenweisem Winterwetter im Februar, leicht überdurchschnittlich milde Meereswasser, welches bei häufigen auflandigen Winden Nachtfrost verhinderte. So konnte die polare Luftmasse im Binnenland ihre Wirkung besser entfalten, während an der Küste ihr Potenzial nur gedämpft abgerufen wurde. Wenn die gleichen Strömungsverhältnisse wie im abgelaufenen Monat, in einem anderen Jahr nach einem sehr strengen Winter mit noch eisig kaltem Ostseewasser vorgeherrscht hätten, wäre der April noch deutlich kälter verlaufen.
Abb. 2 => Abw. der Monatsmitteltemperatur zum Klimamittel 1961-1990 an den Wetterstationen in M-V und angrenzende Gebiete

Nun die historische Einordnung der April-Mitteltemperatur für verschiedene Wetterstationen. Am Kap Arkona war es „nur“ der kälteste April seit 1997, sonst verbreitet seit 1986. Ganz im Südwesten Mecklenburgs (am Beispiel Boizenburg/Elbe) liegen der 1986er und 2021er April etwa gleich auf, hier ist dann erst 1978 ein noch niedriger temperierter Vertreter zu finden.
Abb. 3 => Historische Einbettung -Mitteltemperatur- April 2021 an ausgewählten Wetterstationen in M-V (Klick in Galerie)
Als Nächstes ein Blick auf die Luftfrost- und Bodenfrosttage: Besonders im südlichen Binnenland gab es ungewöhnlich häufig Minusgrade, direkt an der Küste dagegen sanken die Werte kaum oder gar nicht unter die 0°C-Marke.
Abb. 4 => Frost- und Bodenfrosttage an den Wetterstationen in M-V und angrenzende Gebiete
Abb. 5 => Historische Einbettung -Frosttage- April 2021 an ausgewählten Wetterstationen in M-V (Klick in Galerie)
Mancherorts reichte es fast für neue Rekorde. Hervorzuheben ist hierbei, dass die langjährige Wetterstation Marnitz (bei Parchim) den frostigsten April seit 1929 erlebte. In Goldberg wurde der Höchstwert an Frosttagen seit Messbeginn 1947 eingestellt. In den klassisch frostanfälligen Muldenlagen dagegen, war der Monat nicht sonderlich abnormal frostig. Tribsees beispielsweise vermeldete 12 Frosttage, im vergangenen Jahr gab es dort im April an 16 Tagen Frost. Viele windschwache und wolkenlose Nächte unter Hochdruckeinfluss sorgten dafür. Der April 2020 an sich war aber deutlich milder und abseits der Kältelöcher (die Tribseer Messstelle ist ein solches) trat nur selten Frost auf.
Zurück zum diesjährigen April: Die kälteste Nacht erlebten die Menschen in M-V vom 26. zum 27.04. mit einem Landes-Minimum von -6,3°C am Flugplatz Barth. Mancherorts kühlte sich die Luft sogar in den Bereich des Rekords für die 3. Aprildekade (21.-30.04.) ab.
Abb. 6 => Tiefstwerte der Nacht vom 26. zum 27. April 2021 in M-V

Die nächste Kategorie, welche Teil der Auswertung sein soll, ist das Monats-Maximum der Lufttemperatur. Dies war nämlich besonders streckenweise an der Ostsee außergewöhnlich niedrig. Die höchste Lufttemperatur im Zeitraum 01. bis 31.04.2021 betrug am Kap Arkona auf Rügen nur 11,0°C. Nur drei April-Monate seit 1947 stehen an diesem Standort mit noch niedrigen Maximalwerten in den Büchern.
Abb. 7 => Historische Einbettung -Monatsmaximum der Lufttemperatur- April 2021 an ausgewählten Wetterstationen in M-V (Klick in Galerie)
Im Binnenland dagegen verhinderten der 11.04. mit 17-19°C in Vorpommern und der 28.04. mit ähnlichen Werten in Mecklenburg besonders starke negative Ausschläge in dieser Kategorie.
Sehr erstaunlich ist ein weiteres Analyseergebnis: Sowohl der Februar (23./24./25.), als auch der März (30./31.), brachten bereits wärmere Höchsttemperaturen zu Stande als der April dieses Jahres.
In Warnemünde datiert die wärmste Woche des Jahres, und während dieser Bericht verfasst wird steht der 05.Mai auf der Datumsanzeige ‼!, immer noch auf die Tage vom 19. bis 25.Februar. Das ist schon äußerst ungewöhnlich! Siehe dazu diese Grafik von Holger Preßprich:
Abschließend erfolgt eine Auswertung der sogenannten „Kalten Tage“. Von diesem Ereignis wird in Fachkreisen gesprochen, wenn die Höchsttemperatur unter 10,0°C liegt. In der deutschsprachigen Meteorologie ist dieser Kenntag zwar wenig populär, für diesen Bericht sei er trotzdem herangezogen.
Der meist auflandig wehende Wind an der Ostseeküste wirkte zwar wärmend in der Nacht, tagsüber dämpfte das Wasser (und die generell sehr frische Luftmasse) aber die Erwärmung auf zweistellige Werte. Am Kap Arkona reichte es nur 2 mal für knapp über 10°C. In Warnemünde gab es die wenigsten 10°C+ Tage im April seit 1978.
Abb. 8 => Historische Einbettung -Kalte Tage (Tx <= 10,0°C)- April 2021 an ausgewählten Wetterstationen in M-V (Klick in Galerie)
Insgesamt lässt sich resümieren, dass ein April-Monat mit einer negativen Abweichung natürlich nichts am Trend ändert, aber die (auch subjektiv empfundene) Ungewöhnlichkeit rührt grade daher, dass sich der April von allen Monaten in den letzten Jahrzehnten am stärksten erwärmt hat. 6 der 7 wärmsten Aprile seit Aufzeichnungsbeginn stammen aus diesem Jahrtausend (in dieser Reihenfolge: 2009, 2011, 2018, 2007, 1946, 2000, 2014).
Abb. 9 => Entwicklung der Referenzperioden (1961-1990 / 1971-2000 / 1981-2010 / 1991-2020)

Sehr kalte, teils noch spätwinterliche Aprile, gab es insbesondere in den 1950er bis 1970er-Jahren. Aus dieser Zeit lassen sich 8 Vertreter finden, welche den diesjährigen April noch unterbieten (siehe Abb. 1). Es geht also auch noch viel lausiger im Temperaturniveau, insbesondere wenn ein harter eisiger Winter beziehungsweise ein sehr kalter März voraus gegangen ist.
Ein kurzer Ausblick: Auch der Mai ist unterkühlt gestartet, es ist fast schon herbstlich kühl und unbeständig. Doch zum Wochenende erreicht uns ein erster Warmluftschwall mit 20 bis 25°C. Danach sinken die Temperaturen zwar wieder ab, doch nach einer deutlich zu kalten Witterungsperiode sieht es dann nicht mehr aus.
Danke für die interessante Auswertung!
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